DREIZEHN UNTERWEGS
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Auszeit 2019  ·  12. September 2019

Willkommenskultur auf bosnisch

Unsere beiden findigen Vermieterinnen konnten sich übrigens noch bestens an unsere Begeisterung für ihr kroatisches Frühstück (Ihr wisst vielleicht noch: die Käse-Strukjli!) erinnern und so hatten sie dann flugs eine Idee, wie die Auflagen des kroatischen WKD  umgangen werden konnten. Das Frühstück wurde zu einer Einladung umformuliert („we take no money“) und wurde auch nicht in der privaten Küche, sondern im Flur vor den Schlafzimmern serviert. Problem gelöst! Die angelieferte Strukjli-Fuhre war anscheinend für eine größere Anzahl Personen gedacht, aber, wie gesagt, unvergleichlich lecker. Roza wartete schon mit Alufolie, um uns den Rest einzupacken, aber Fehlanzeige! Nichts mehr da… großes Staunen und noch größere Freude! 

Solcherart gestärkt starteten wir zur nächsten Etappe: rüber über die nahe Grenze nach Bosnien – mit diesem Grenzübertritt verlassen wir nun also bekannte Gefilde und los geht´s in den unbekannten Osten. Bihac heißt das erste Ziel und kaum geht die Autotür auf, hören wir den Muezzin vom Minarett singen. Die bosnische Bevölkerung besteht zu 50% aus Muslimen, der Rest sind hauptsächlich Katholiken und Orthodoxe. Was fällt nach dem Muezzin noch auf? Eine unglaubliche Offenheit und Freundlichkeit! Schon in den ersten Minuten wird uns ein nicht mehr benötigtes Parkticket angeboten und wir werden in der Post nach vorne gewunken. Wir werfen erste Blicke in die smaragdgrüne Una, die Bihac und vorher den Una-Nationalpark (unser nächstes Ziel) durchfließt. An ihrem Ufer suchen wir einen Biergarten auf – ach nee, wohl in muslimischer Hand: hier gibt´s keinen Alkohol! Dafür bestes, bosnisches Essen, das oft von der orientalischen Küche beeinflusst ist (Bosnien befand sich Jahrhunderte lang unter osmanischer Herrschaft). Kurzer Blickwechsel: hat jemand Hunger? Nö, aber wenn wir schon mal hier sind… und sehr günstig ist es außerdem. Die bosnische Währung heißt übrigens Mark, man fühlt sich fast wie früher:)). Danach geht´s weiter zum Campingplatz beim Nationalpark und direkt an der Una. Noch schnell zum Lädchen laufen und eine kleine Runde durch´s Dörfchen drehen. Ein Mann ist damit beschäftigt, die Trauben an seinem Haus zu schneiden. Freundliches Grüßen („dobar dan“) und er fragt mit Gesten, ob wir von seinen Trauben mitnehmen möchten. Warum nicht? Nun erscheint auch seine Frau auf der Bildfläche und in Nullkommanichts sind wir zum Kaffee eingeladen und sitzen im Wohnzimmer. 

Eine kaum vorstellbare Geste in Deutschland und wir freuen uns! Die Frau spricht etwas deutsch, das sie in der Schule gelernt hat. Von ihr erfahren wir, dass die Tochter in Stuttgart (!) eine Ausbildung macht. Der Mann spricht außer bosnisch nur sein schul-russisch (was ihm bei uns leider nichts nützt), ist aber trotzdem bestens in der Lage, sich auszudrücken. Er führt uns seine Zuckertütchen-Sammlung vor („Hobby“), seine Sammlung an alten Schlüsseln und Geldscheinen („Hobby“) und zu guter Letzt seinen etwa 14-jährigen Sohn, der eine beeindruckende Anzahl an Medaillen und Pokalen im Bereich Kickboxen aufweisen kann und, wie wir erfahren, Mitglied in der Nationalmannschaft ist und in der Junioren-WM die Bronze-Medaille eingeheimst hat. Nun wird eine junge Dame, die Nachbarin, ins Haus geholt. Diese lebt mit ihrem Partner ebenfalls in Deutschland und ist zur Zeit in der Heimat, um dort mit ihrer großen Familie ihre Hochzeit zu feiern. Sie spricht deutsch und darf dolmetschen. Unser Gastgeber erzählt vom offensichtlichen Dilemma, in dem sein Land steckt. Junge Menschen finden keine Arbeit und wandern aus. Vor allem die ländlichen Regionen überaltern. Auch der Sohn kommt hinzu und erzählt von seinen Plänen: in Deutschland etwas Technisches studieren. Als die Nachbarin gehen muss („Hochzeitsvorbereitungen“) wird die Tochter in Stuttgart zum Dolmetschen angerufen. Man fragt sich schon, ob sie in Deutschland (und vor allem im Schwabenland) auch nur mit annähernd so viel Herzlichkeit empfangen wurde, wie wir sie hier erleben…Hinterm Haus steht übrigens eine Moschee, genüber auf einem Hügel eine kleine katholische Kirche. Auf die Frage, wie das denn im Dörfchen so funktioniert:"No problem." Nun möchte uns unser Gastgeber noch seine Hütte mit Garten zeigen und wir bekommen einen neuen Dolmetscher: der Bruder der heiratswilligen Nachbarin (er selbst ist Kameramann bei einem türkischen Sender in Sarajewo). Zusammen gehen wir zu einem in weiten Wiesen gelegenen Gartenstück, auf dem zwei Hunde untergebracht sind („Hobby“). In der gemütlichen Hütte mit kleiner Küche an den Wänden aufgehängt etliche alte Gebrauchsgegenstände wie Bügeleisen und Handbohrer („Hobby“), aber auch sein Helm und Essgeschirr, das er im Balkankrieg benutzt hat! Der Mann ist ein ähnlicher Jahrgang wie wir und zusammen mit den auch heute wieder entdeckten Einschusslöchern in so mancher Häuserfront ist dieser Krieg plötzlich gar nicht mehr weit weg!  Wir verabschieden uns anschließend sehr herzlich – hätten wir gewollt, wären wir wohl noch zum Abendessen eingeladen worden…

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