
Laila: Strbacki buk - Hotspot an der Una, Startpunkt Wildwasser-Paddeln, unaussprechlich schön und auch sonst eher unaussprechlich. Zudem mitten im Una Nationalpark gelegen, das heißt: ohne Guide geht´s hier gar nicht rein! Darum haben wir uns auch für ein Rafting-Camp entschieden, in der Hoffnung, hier Anschluss an eine Gruppe zu finden. Richtig gedacht: der Boss und dessen Schwiegersohn bieten uns an, uns der heutigen Rafting-Gruppe anzuschließen, Shuttle und Infos durch die Guides inklusive. Alles für sehr kleines Geld! Wir hören uns nicht Nein sagen! Los geht´s also früh am Morgen. Acht Rafts, etwa 70 Teilnehmer, Guides, Fahrer und unser Kajak-Geraffel: ruckzuck ist alles verladen. Jürgen und ich nehmen im Daimler-Bus vorne beim Fahrer Platz, ein ältliches Männlein, der anstatt Bremse lieber die Hupe benutzt. Rechts und links am Landstraßenrand (keine Gehwege) springen Menschen und Hunde mehr oder weniger in den Straßengraben , Mopedfahrer flüchten beinahe in den Grünstreifen und beim Passieren einer Polizeikontrolle klemmt sich unser Fahrer mal schnell den Gurt unter die Achsel, um ihn gleich wieder schnalzen zu lassen. Laut Tankanzeige sind noch etwa fünf Tropfen Benzin im Tank, was unseren Fahrer trotzdem nicht dazu bewegt, beim kurzen Zwischenstopp den Motor auszuschalten. Stopp? Warum eigentlich? "Shopping", wird erklärt. Aus einem Lädchen tragen die Rafting-Teilnehmer Softdrinks und Dosenbier-Paletten heraus. Der Sprit für die Mannschaft also. Sonst alles ganz entspannt und weiter geht´s! Ab hier mit Musik: der Fahrer legt eine CD mit bosnisch-orientalischem Elektro-Pop ein. Begeisterung im Wagenfond, es wird geklatscht und mitgesungen! Über etwa acht Kilometer Rumpelpiste holpern und poltern wir uns so langsam dem Einstieg entgegen. Irgendwann am Wegesrand ein verhutzeltes Männlein mit Schubkarre, das die Schlaglöcher mit Kies füllt. Etwa sieben von fünf Millionen hat er bereits geschafft! Am Ziel umziehen und alle Teilnehmer besteigen ihre Boote. Auch ich bin noch ganz entspannt (und wer mich kennt, weiß, dass das nicht unbedingt mein normaler Gemütszustand vor einer unbekannten Paddeltour ist) - sind ja nur ein paar Stufen. Nach ein paar hundert Metern die erste Umtragestelle: Strbacki buk, die spektakulären Stufen der Una! Also alle raus - oha, die Guides bleiben sitzen! Etwa 20 Meter misst die erste Stufe - was sie jetzt wohl vorhaben? Das erste Raft wird in die Tiefe gestoßen, der Raftguide springt hinterher - große Freude auf allen Seiten! Die Helmpflicht für Raftguides endete übrigens exakt vor dieser Stelle, ab hier wurde mit offenem Haar weiter gefahren. Die ersten paar doch noch sehr hohen Stufen lasse ich den Nerven zuliebe aus und steige etwas weiter unten ein... aber was treibt Jürgen nun? Ich übergebe mal an ihn!

Jürgen: Ich stelle mich erst mal zwischen die Touristen auf die Plattform am Wasserfall und schau mir die Linie für meinen Sprung über den gut 5m hohen ersten Abfall an! Ich sehe die Linie recht schnell und klettere mit Boot über die Absperrung zum Wasser hin. Darf der das?? Ja - er will! Im Wasser trefe ich dann auf den Guide und sage ihm: " I take the right line with the kicker, OK?" Er erklärt mir dann mit ca. 1000 Worten, dass ich die rechte Linie mit dem Kicker nehmen soll. Ich hebe den Daumen und wir sind beide zufrieden. Hat schon was von einem Basar hier....Die ersten beiden Rafts stürzen sich vor mir runter und dann gehts abwärts. Klappt prima - der Kicker katapultiert mich weit weg von der Wand und ich lande ziemlich eben im Wasser. Die nächsten Stufen sind doch heftiger als gedacht - die Una hat doch mächtig Zug. Laila wartet rechts am Ufer - wie geht es ihr nun?

Laila: Bis hierher ganz gut, aber das ändert sich schnell, sobald es los geht! Die erste, doch recht hohe Stufe meistere ich zwar irgendwie - aber "irgendwie" fühlt sich nicht so kontrolliert an, wie ich es mir wünschen würde. Und ziemlich schnell merke ich, dass doch einige Stressfaktoren mit an Bord sind: die Una als breiter und Tiefer Fluss, der hier in eine Schlucht gepresst wird, hat ordentlich Druck und schiebt meinen kleinen Loki (zuweilen auch "Nussschale" genannt) ordentlich in der Gegend herum! Außerdem: Erstbefahrungsstress! Ich kenne den Bach nicht!! Und Jürgen auch nicht!!! Noch dazu: die Stufen haben es in sich! Druck von mehreren Seiten an den Abfällen, die Linie muss absolut exakt gefahren werden. Und: die Rafts dürfen nicht am Horizont verschwinden, wir sollten einigermaßen mithalten. Also nichts mit erstmal gemütlich einpaddeln, Kehrwässerchen fahren und Stellen anschauen, sondern ab die Post!

Diese Mixtur bringt mich ziemlich an die Grenze! A propos Grenze: wir befinden alle mitten darauf, denn die Una ist ein Grenzfluss, der einen großen Teil direkt auf der Linie zwischen Bosnien und Kroatien verläuft, das heißt: drehen wir den Kopf nach links, schauen wir nach Kroatien, rechts blicken wir auf´s bosnische Ufer! Die ersten drei Kilometer bin ich ordentlich am Kämpfen! Manches klappt hervorragend, manches überhaupt nicht! Bald wird der Fluß aber deutlich ruhiger und ich habe auch mal Zeit, das grasgrüne, unglaublich klare Wasser zu bestaunen: wie durch eine Aquariumscheibe sieht man Grund und Felsformationen unter Wasser. Felswände und bewaldete Hügel rahmen alles ein. Und ich kann durchatmen! Jürgen wünscht sich derweil wahrscheinlich noch ein paar Abfälle, was? Jürgen: Nein, alles gut. Ich merke doch, dass sich Laila jetzt mehr und mehr entspannt. War wohl doch etwas viel am Anfang. Wobei sie den meinsten Stress sicher im eigene Kopf hatte. Wer sie nicht kennt, hätte das sicher nicht bemerkt! Ich fühle mich hier richtig wohl und genieße diese unglaubliche Ruhe in der Schlucht und zwischen den Bergen und Steilwänden in der Schwebe auf diesem so klaren Wasser. Mal scheint es unergründlich tief und plötzlich schiebt sich eine senkrechte Wand aus Fels und tiefgrünen Wasserpflanzen bis fast an die Oberfläche. Nach endloser, einsamer Zeit ohne andere Menschen (wo sind eigendlich die Rafts??) suche ich flussaufwärts nach ihnen und treffe eines unter einer Eisenbahnbrücke, die von 2 Raftern geentert wird. Der Guide ist sichtlich nervös, da die beiden die Gleise der Bahn zu langsam überqueren...großes Geschrei und noch größerer Platsch und die beiden sind zwischen meinen Fragen nach dem Ausstieg im Wasser aufgeschlagen. Seine Ansage: nur noch 2 Wasserfälle dann sind wir am Ende der Tour. Schwer vorzustellen, da wir uns inzwischen mitten auf einem See befinden. Des Rätsels Lösung: die Karststufen der Fälle stauen den Fluß. Laila: Wasserfall??? Alsbald stellt sich heraus: der Guide meinte einige weitere Karststufen, vom Wasserfall zum Glück nichts zu sahen... irgendwie meistern wir diese Schikane auch noch (der eine recht, der andere recht und schlecht - ging dann doch noch ziemlich runter!). Aber - juhu- geschafft! Zur Belohnung gibt´s einen neuen Kiesel für die Eroberung eines bis dato unbekannten Flusses - und am Campingplatz direkt am Ufer einer hier sehr zahm und unschuldig wirkenden Una einen Slivovic für jeden von uns!
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