
Frühstück auf unserem ruhigen Campingplatz an der Unac: das grüne Wasser plätschert, Forellen schnappen Brotkrumen, Enten und Kormorane starten und landen im Wasser. Plötzlich poltert ein kroatischer Kleinwagen die sehr steile und ausgewaschene Piste zu unserer Wiese hinunter, zwei junge Männer springen heraus, kurze Lagebesprechung (?), Hin- und Herschreiten, der Kleinwagen rast mit offener Heckklappe zur Straße zurück. Kurze Zeit später kommt er zurück, wirft Zeltpakete auf den Rasen, fährt wieder los. Neue Zelte werden verteilt. Danach wiederholt sich das Schauspiel mit etlichen Matratzen, die auf´s Autodach gebunden und im Kofferraum auf den Platz transportiert werden. Wir zählen und staunen: 20, 40, 80 Matratzen werden überall aufgestapelt! Vielleicht sollten wir mal nachfragen? Es stellt sich heraus, dass Patagonia in dieser Woche auf diesem Platz Workshops für Bergtouren-Guides & Co anbietet und nahezu das ganze Areal besetzen wird. Könnte das mit zwei Toiletten und zwei Duschen eventuell etwas unentspannt werden? Möglicherweise ja! Wir entscheiden, darum schon einen Tag eher als geplant von der bosnischen Westseite des Landes nach Osten in die Herzegowina in der Nähe von Mostar aufzubrechen. Vier Stunden Fahrt quer durch´s Landesinnere liegen vor uns.

Kaum losgefahren auch schon der erste Stop. Rückwärtsgang einlegen: Jürgen hat eine überfahrene Schlange entdeckt. Was mag es wohl diesmal für eine sein? Die letzten beiden Male war´s eine Würfelnatter, doch diesmal entdecken wir eine echte (und bei Lebendigkeit ziemlich giftige) Hornviper. Was für ein Highlight! (Die Plattgefahrene-Schlangen-Bilder versenden wir übrigens nur auf Anfrage!) Nun geht´s weiter und zwar ziemlich hoch hinauf! Wir schauen von oben in eine ziemlich beeindruckende Unac-Schlucht, die das Land wie ein Riss durchzieht. Weiter geht´s durch lichte Laubwälder, um irgendwann auf einer Hochebene zu landen, am Horizont sanfte Hügel. Erinnert an Kroatiens Winnetou-Landschaft rund um Plitvice. Wenige Dörfchen tauchen am Straßenrand auf und hier wird sehr schnell ersichtlich, in welchem Konflikt das Land stand und immer noch steht. Moscheen, wie in der Gegend rund um Bihac gibt´s hier so gut wie keine mehr, dafür sieht man in jedem noch so kleinen Dörfchen eine Kirche und einen Friedhof. Und richtig beklemmend wirken daneben all die verlassenen und inzwischen verfallenen Häuser, zum Teil stehen richtiggehende Geisterstädte am Straßenrand. Wir vermuten, alles ehemalige Besitztümer von Serben, die nach ihrer Vertreibung nicht mehr zurückkommen konnten und wollten. Sehr ärmlich wirken die Gebäude hier oben, manchmal kann man die unbewohnten Häuser kaum von den bewohnten unterscheiden, bis ein altes Männchen oder Weibchen herauskommt und grüßend die Hand hebt. Dazwischen aber immer wieder Kühe, Schafe (nebst Opi auf dem Klappstuhl zum Hüten daneben) und gepflegte Gärten und Äcker. Was auch auffällt: rund um Bihac waren Ortsnamen und Ähnliches auf den Straßenschildern immer sowohl in lateinischer als auch in kyrillischer Schrift gehalten. Hier waren die kyrillischen Schriftzeichen verschwunden oder gar mit Farbe beschmiert.

Irgendwann geht´s dann wieder bergab, neue Täler werden von uns durchfahren, ein riesiger Stausee wird überquert, je näher wir Mostar kommen, umso größer und gepflegter sehen die Häuser aus. Tankstellen, Industrie, Läden – das gewohnte Bild stellt sich wieder ein. Rechts von und eine Bergkette, dahinter die Adria, Kroatien, die bestens bekannte Halbinsel Peljesac. Doch dorthin geht´s erst im November. Bis dahin rufen wir unserer Familie Danicic einfach einen Gruß zu… Unten in einem Talkessel ist nun Mostar zu sehen. Moscheen und kyrillische Schriftzeichen tauchen ebenfalls wieder auf. Grandios hässliche Wohnghettos, wir überqueren die Straßenbrücke über die hier sehr breite Neretva, rosa Himmel und die Altstadt im Hintergrund. WoW! Foto gibt´s trotzdem keins, zuviel Verkehr! Eine Ecke weiter zwei Polizisten, die uns anhalten und wissen wollen, wohin wir wollen. Einer mampft teilnahmslos aus einer Tüte, der andere ruft wohlwollend: “Deutsch? Aah, Angela!“ und winkt uns weiter. Unser neuer Campingplatz liegt direkt gegenüber einer Forellenzucht an der Buna (ein Zufluss der Neretva) und so beschließen wir, in einem Restaurant um die Ecke ein paar davon zu essen. Gibt´s eigentlich auch mal was anders? Nö…
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