
Auf der Suche nach etwas Besserem verlassen wir den Schmuddel-Campingplatz – und, um kurz mal vorzugreifen: wir werden es finden! Immerhin versöhnt und verwöhnt uns die Sonne beim Frühstück (trotz schlechterer Vorhersage) und wir können beim Müsli löffeln und Kaffee schlürfen noch letzte Blicke auf einige Gipfel des Durmitor-Gebirges genießen. Was für eine fantastische Bergwelt hinter uns liegt! Hier waren wir nicht zum letzten Mal! Doch jetzt heißt es erst mal: weiter gen Osten! Ziel ist ein weiterer Nationalpark Montenegros: der Biogradska Gora. Hier werden wir einen der drei letzten Urwälder Europas und das zweitältesten geschützte Naturreservat der Welt vorfinden mit Bäumen, die zu einem großen Teil mehr als 500 Jahre alt sind. (Und vielleicht Bären!) Bevor wir aber dort ankommen, passieren wir die berühmte Tara-Brücke, 150 Meter hoch spannt sie sich beeindruckend über die, auch hier oben noch, türkisgrüne Tara. Weniger beeindruckend sind die Touristenmassen, die aus den diversen Reisebussen ausgespuckt werden. „Rheinland-Reisen, Montenegro in 8 Tagen, Bus Nummer 16“ konnte man zum Beispiel dort lesen und das sagt schon alles! Immerhin wird den Pauschalreisern einiges geboten: sage und schreibe drei Zip-Lines wurden hier über die Schlucht gespannt und mit großem Hallo rasen die Adrenalin-Junkies über den Abgrund um danach in offenen gelben Jeeps wieder zum Ausgangspunkt zurück befördert zu werden, laut hupend, die restlichen Touris springen eilig beiseite. Anschließend kann an diversen Verkaufsständen eingekauft werden: Likör, Lavendelkissen und Tara-Brücken-Tassen, -anstecker, -schlüsselanhänger. Wir verzichten schweren Herzens. Interessant ist die Geschichte der Brücke trotzdem: 1941 fertiggestellt sollte einer der am Bau beteiligten Ingenieure den mittleren Brückenbogen sprengen, um den aus dem Norden anrückenden Feind aufzuhalten. Das Unternehmen gelang, trotzdem wurde jener Ingenieur später vom Feind gefangen genommen und auf dieser Brücke hingerichtet.

Wir lassen den Rummel hinter uns und fahren flussaufwärts. Hier fließt die Tara über eine weite Strecke durch eine wunderschöne Niedrigklamm. Wäre eine nette Paddeltour… aber am Rande des Nationalparks wartet unser neuer Campingplatz auf uns! Die Landschaft hier: nicht so dramatisch wie der Durmitor, aber etwas Urwaldhaftes ist tatsächlich zu erkennen, bewaldete Hügel, steile Gipfel ragen in den Himmel, dazwischen wirkt es schon herbstlich: eine Baumart trägt knallrote Blätter. Und dann der „Campingplatz“: irgendwo im Nirgendwo ein paar Häuschen, ein paar mehr Kühe, an einem Gartenzaun ein Schild: “Kamp Gradina“. Die Hausherrin gießt Blumen und begrüßt uns freundlich. Anschließend weist sie in ihren Gemüsegarten: wir dürfen uns hinstellen, wo wir wollen. Das tun wir: direkt neben ihre Buschbohnen. Sie bringt Apfelschnaps (sie zeigt auf ihren Apfelbaum) und Käse (die im Stall hinterm Haus liegende Kuh wird vorgeführt) und prost! Und wo ist der Waschraum? „Zwei Minuten“, bedeutet sie uns. Gartentörchen auf, über das Sträßchen, durch ein weiteres Törchen, einen Trampelpfad hinunter zum Bach: dort steht ein blitzsauberes Holzhäuschen mit zwei Toiletten. Daneben ein am Baum befestigter Wasserschlauch, abgeschirmt mit einer blauen Plastikplane: die Dusche! Die kalte Dusche? Vermutlich immerhin lauwarm, denn oben am Hang, in der Sonne, befindet sich das Duschwasser in einer schwarzen Tonne mit Deckel! Kurz darauf kommt der Herr des Hauses zurück. Er reckt den Daumen nach oben und fragt: „Kamp good?“ Wir recken ebenfalls die Daumen: „Kamp good!“ Und das ist es wirklich! (… die Geräuschkulisse zum Einschlafen beinhaltet übrigens: diverse Grillen, die Ziege im Stall und irgendwo auf einem Baum einen Uhu…)
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