DREIZEHN UNTERWEGS
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Auszeit 2019  ·  13. Oktober 2019

Über die Berge...

Von diesem Campingplatz am Kap Yason trennen wir uns wirklich schwer! Sollen wir vielleicht doch noch einen Tag..? Aber Georgien ruft und wir wollen auch dort noch etwas schönes Wetter abbekommen! Und vielleicht schneien wir ja im November nochmal vorbei… also noch einmal in den Wellen schwimmen und alles Geraffel einsammeln und ordentlich im Camper verstauen. Erstaunlich, wie schnell sich die Besitztümer zu vermehren scheinen, wenn man sich mal auch nur für zwei Tage häuslich niederlässt! Von links nach rechts fliegt ein größerer Vogel übers Meer und gewinnt rasch an Höhe. Eine Möwe, ein Reiher? Nein, kein Zweifel möglich: diesmal ist es tatsächlich ein Pelikan mit seiner charakteristischen Schnabeltasche. Es gibt sie also wirklich! Als Abschiedsgruß schallt noch einmal die Stimme des Muezzins von der Landspitze übers Meer. Diese akustische, sehr orientalische Untermalung werde ich wirklich vermissen! Über die  malerische Küstenstraße verlassen wir den kleinen Zipfel Land, an dessen Ende sich das Kap befindet und biegen wieder auf die gut ausgebaute Schnellstraße am Meer ein. Tempolimit für PKW: 82!?! Kurze Lagebesprechung: diese Route weiter verfolgen oder gleich bei Tirebolu die Bergstraße nehmen und sich an Macka (unser heutiges Ziel) von hinten anschleichen? Wir entscheiden uns für Alternative 2 – könnte interessanter sein. Und ist es auch! Die Berglandschaft wechselt von Wänden aus roten Steinquadern zu zerklüfteten, dunkelgrauen Massiven. Über uns bewaldete, sehr steile Bergrücken mit teilweise (wo sie hoch sind) kahlen, roten Gipfeln. Direkt neben der Straße eine Schlucht, die tiefer und immer tiefer wird. So tief, dass wir an manchen Stellen den Grund nur erahnen können. 

Sehr schade allerdings, dass auch hier die Wasserkraftindustrie massiv wütet! Ein Damm und ein E-Werk nach dem anderen, vom Flüsschen ist nur noch ein schmales Rinnsal geblieben. Und mittendrin ein riesiger, grasgrüner Stausee mit den typischen steilen, toten Ufern. Wir halten kurz an, um herauszufinden, was für große, runde, korbähnliche Gebilde im Wasser schwimmen. Fischzuchtbecken, vermuten wir und werden auch gleich von einem aus seinem Haus kommenden Mann bestätigt: „Balik!“ Soviel weiß ich inzwischen: „Fisch.“ Ein weiterer Herr der mit seinem Bagger hier anhält meint sogar: „Salmon.“ Lachs? Er rät auf jeden Fall davon ab, im nahen Restaurant zu essen – nicht gut! Kein Drama, unser Plan sieht ohnehin etwas anderes vor! Wir fahren also weiter, schrauben uns immer höher in die Berge hinein und durchqueren Dörfer, in denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Hier wird fleißig gearbeitet – vor allem von den Frauen. Man sieht sie mit Brennholz auf dem Rücken, in Grüppchen am Straßenrand sitzen uns Mais pulen oder Haselnüsse sortieren (ja, wir befinden uns immer noch in der Haselnussregion – wir sind von dieser Weitläufigkeit schwer beeindruckt!), einmal sogar ein Weiblein mit einem schwer beladenen Esel am Straßenrand. Und noch etwas lernen wir über eine der anscheinend liebsten Freizeitbeschäftigungen der Türken: picknicken! Auf unserer Tour durch den Westen der Ostpontischen Berge sehen wir sie überall: in jeder Parkbucht, auf jedem Stückchen Wiese, an jedem Bachlauf, an dem irgendwie ein Auto abgestellt und Stühle aufgestellt werden können. Nicht selten brennt ein kleines Feuerchen und große, kupferne Teebehältnisse dampfen. Zuweilen sitzt man direkt zwischen Straße und einer Felswand eingequetscht. Es ist Sonntag und Picknick-Tag! 

Wir machen heute allerdings kein Picknick. Aber lohnt es sich, von der Hauptroute abzubiegen, nur um in einem winzigen Bergdörfchen namens Hamsiköy den berühmtesten Milchreis der Türkei zu essen, Sütlac genannt? Ich finde schon! Denn dieser Nachtisch, der hauptsächlich wegen der guten Kuhmilch aus den Bergen so lecker und cremig sein soll, wie er ist, wird bis nach Istanbul geliefert. Wir wollen ihn am Originalschauplatz genießen und folgen dem Wegweiser „Hamsiköy“. Alles deutet darauf hin, dass wir uns einem touristisch interessanten Punkt nähern (so zum Beispiel erlebt bei den Felsbrücken, in Inceburun und gleich auch beim Kloster Sumela): die Straße holprig und eng und keine weiteren Hinweisschilder, egal, wie viele Nebenstraßen auftauchen. Wir müssen also richtig sein! So ist es auch, wir finden wir das Örtchen und biegen  in die Dorfstraße ein. Ein Herr gestikuliert wild und zeigt auf ein kleines Restaurant. Vermutlich sind wir gerade vom Besitzer zum Einkehren aufgefordert worden. Und warum auch nicht? Wir ziehen noch schnell etwas Wärmeres an: ganz schön kalt hier oben auf der schattigen Seite des Berges! Der Restaurantbesitzer lädt uns gleich in seine Küche ein uns hebt die Deckel von großen, kupfernen Töpfen: Pilav und Bohnensuppe hat er heute im Angebot. Und zum Nachtisch natürlich den berühmten Sütlac! Wir nehmen alles, denn, wie wir inzwischen gelernt haben: Verständigung über Sprache ist eher schwierig, darum verlassen wir uns einfach auf die gestikulierten Vorschläge der jeweiligen Wirte. Bereut haben wir es noch nie! Die Bohnensuppe ist lecker und würzig, wahrscheinlich, wie fast alles was gut schmeckt , stundenlang gekocht! Ebenso der Sütlac, der zum Nachtisch serviert wird. Sogar Jürgen ist begeistert! Unser Wirt holt einen älteren Dorfbewohner an unseren Tisch: „Almanca!“ Es stellt sich heraus, dass er lange bei der Bahn in Ulm gearbeitet hat und nun, wo er pensioniert ist, den größten Teil des Jahres in seinem Heimatdorf Hamsiköy verbringt. Er dolmetscht fleißig hin und her, lädt uns gleich für den nächsten Sommer ein „viel mehr los hier!“ und will nicht so recht glauben, dass uns die Nachsaison-Ruhe ganz gut gefällt! Auch der Reisbrei gefällt uns und so bekommen wir noch ein Päckchen mit zwei „To-Go“-Portionen mit auf den Weg, von unserem Ulmer Türken eigenhändig bis zu unserem Camper getragen. Wir freuen uns über diese typisch türkische Freundlichkeit und Interesse (und darauf, auch morgen nochmal ein leckeres Dessert in petto zu haben)! 

Ein paar Kilometer weiter wartet das 1600 Jahre alte Kloster Sumela auf uns. Zwar haben wir von den Duisburgern (die ja einen Tag Vorsprung haben) erfahren, dass man nicht hinein kann. Lohnenswert ist es wohl trotzdem. Also rumpeln wir die touristenattraktions-charakteristische Schlaglochpiste durch eine immer enger werdende Schlucht, auf beiden Seiten ragen die Wände nahezu bis zum Himmel empor und schlucken jegliches Licht. Ein schmaler, steiler, steiniger Bach rauscht in der Tiefe. Und dann das Kloster! Wie ein Schwalbennest klebt es an der Felswand, ein einziger, kleiner Durchgang garantierte wohl besten Schutz vor Angriffen. Man kann sich die Abgeschiedenheit in dieser rauen Bergwelt gut vorstellen, in der die Mönche damals lebten. Laut der Legende hat übrigens der Evangelist Lukas ein Marienbildnis an die Felswand gemalt. Zwei griechische Mönche pilgerten zu diesem Ort, wollten ihm eine würdige Umgebung schaffen und bauten nach und nach das Kloster drumherum. Der Traum jeden Graffiti-Künstlers! Wir sind uns trotzdem einig: auch von außen recht beeindruckend! Unsere Duisburger nächtigen ganz in der Nähe auf einem Parkplatz. Wir stellen uns dazu – hoppla, sie haben Zuwachs bekommen! Ein weiterer Offroad-Truck kampiert hier: Esslinger. Wir haben uns auf unserer Fahrt hierher schon zweimal überholt. Draußen sitzen ist allerdings nicht mehr: affenkalt hier oben auf den Berg! Wir checken nochmal schnell das Wetter in Batumi: Sonne und um die 20 Grad! Georgien, wir kommen!!!

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