DREIZEHN UNTERWEGS
  • Start
  • Blog
  • Über uns
  • Familie
Auszeit 2019  ·  15. Oktober 2019

Geisterschnecken?

Georgisches Frühstück, serviert von unserem armenischen Campingplatz-Besitzer in seinem nach vorne offenem kleinem Restaurant im Hang. Artur, so nennt er sich, erzählt: eigentlich stammt er aus Armenien, war in Russland in der Armee und hatte später in Deutschland zwei Auto-Tuning-Firmen. Eine in München und eine in einem Ort, den wir nicht genau verstehen und/ oder er auch nicht mehr so richtig weiß. Anschließend reiste er durch die Welt und beschloss in Indien sein Leben umzukrempeln. In Georgien kaufte er ein Stück Hügel mit Wald drauf hoch über Batumi, rodete es und baute nach und nach seine Wohnung, das Restaurant, Dusche, Toilette und mehrere einfache Bungalows, um sie an Reisende zu vermieten. Man ahnt bei dieser Beschreibung schon: wir befinden uns hier in einer eher alternativ angehauchten Szene. Vor drei Jahren stieß seine jetzige Partnerin Anja (eine Georgierin) dazu und brachte anscheinend noch etwas esoterischen Drive mit (gut zu erkennen an mancherlei baumelnden Traumfängern und indischen Mantras allüberall). Ein wenig speziell, aber sehr nett, freundlich und interessant. 

Gestärkt wandern wir also erstmal los, um den georgischen Urwald direkt vor dem Campingplatztor zu erkunden. Ein ansteigender Weg führt uns immer weiter nach oben, Ziel ist der gut 1.300 Meter hohe Gipfel des Mtirala, des Berges, der dem  Nationalpark hier seinen Namen gab. Um oben anzukommen gilt es also, etwa tausend Höhenmeter zu überwinden. Auch heute bestätigt sich der schon gestern gewonnene Eindruck: wir sind im Dschungel! Verschiedene Farnarten, Rhododendren, Luftwurzeln, Mammutbäume und Maronibäume säumen unseren Weg und es ist sehr feucht, denn überall entspringen Quellen oder plätschern kleine Wasserfälle zu Tal. Am Abend erfahren wir, dass „Mtirala“ „weinender Berg“ bedeutet – ergibt durchaus einen Sinn. Richtung Gipfel wird´s ein wenig lichter und trockener und Buchen mit Herbstlaub bestimmen das Landschaftsbild. Nach kurzer Pause geht´s wieder abwärts. Am Himmel kreist ein Raubvogel und wir sind uns ziemlich sicher, dass es sich dabei um einen Adler handelt. Die Nacktschnecken haben hier allerdings eine spannende Farbe! Wir sind keine Schnecken und haben am Ende des Tages  23 Kilometer geschafft, spüren das aber auch ein wenig in unseren alten Knochen. 

 

Doch damit ist der Tag noch nicht zu Ende! Schon am Vortag hatte Artur angekündigt, dass die nächsten Tage auf seinem Platz eine Jam-Session stattfinden sollte. Dazu hatte er Freunde und Musiker eingeladen, die er zum Teil auf seinen Reisen kennengelernt hatte, teilweise aber auch Leute aus der Umgebung. Internationales Publikum war also am Start: Italiener, Iraner, Amerikaner, eine Russin, ein Nepalese… und nicht nur das! Als wir den Campingplatz betraten waren allerlei schräge und sehr schräge Vögel dabei, auf Arturs Plattform (der, mit dem traumhaften Ausblick) ihre Instrumente aufzubauen. Wir wurden gleich neugierig begrüßt (einer war eine besonders engagierte Plaudertasche) und wurden natürlich zum Zuhören eingeladen.  Das ließen wir uns nicht zweimal! Wie Artur ja bereits versprochen hatte, begann hoch über Batumi bei Sonnenuntergang (und allein diese Kulisse war es wert, dabei zu sein!) eine Jam-Session, wie man es sich vorstellt: die verschiedensten Instrumente wurden gespielt: Schlagzeug, E-Gitarre, verschiedene Flöten, eine Melodika, eine Maultrommel, ein Didgeridoo, eine Oboe, afrikanische Trommeln. Und an einem Drum-Computer spielte sich einer stundenlang in Rage, während die anderen Instrumente abwechselnd die Führung übernahmen und improvisierten. Während wir zuhören und währenddessen das Farbenspiel der untergehenden Sonne genießen schwebt eine Russin vorbei, die hier ebenfalls Urlaub macht. Auch sie ist seit Jahren in der Welt unterwegs, erzählt sie und bleibt mal hier mal da für ein paar Monate. Irgendwie können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass wir zu dem eher geringen Prozentsatz der hier Anwesenden gehören, die irgendwann mal wieder zur Arbeit müssen. Wie gesagt, eine spezielle Szene. Die Plaudertasche outet sich dann doch als Seemann aus Batumi, wir sind ein wenig beruhigt und er führt uns nochmal seine Maultrommel vor. Die Stimmung ist gut - unabhängig voneinander fühlen wir uns an eine bekannte Szene aus dem Roadmovie-Klassiker „Born to be wild erinnert“. Aber keine Sorge, alles harmlos, Jürgen bleibt beim Bier und ich hole mir noch ein paar mitgebrachte, türkische Süßigkeiten aus dem Auto. Währenddessen bastelt der Iraner ein kreatives Lämpchen: Handy mit angeschalteter, nach oben gerichteter Taschenlampe auf den Boden und das Bierglas auf das Licht gestellt. Tatsächlich ein hübscher (unter Umständen aber teurer) Effekt. Relativ zeitig verklingt dann aber die Musik, vom Tal steigt Nebel auf und verschluckt die Lichter von Batumi und die beiden schwäbischen Wanderer plumpsen ziemlich müde ins Bett…

tagPlaceholderTags:

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

Digital findet ihr uns vielleicht bei Facebook?!

 Wo wir wohnen ist nicht wichtig! Haltet unterwegs die Augen nach der 13 auf!!

Impressum | Datenschutz | Cookie-Richtlinie | Sitemap
Anmelden Abmelden | Bearbeiten
  • Start
  • Blog
    • Auszeit 2025
    • Auszeit 2019
  • Über uns
  • Familie
  • Nach oben scrollen
zuklappen