
Entspannter Morgen mit Frühstück in der Sonne hinterm Haus: wenn sie mal da ist, hat sie Kraft! Später erkunden wir einen der vielen Hügel, die Mestia umgeben und staunen in die Bergwelt hinaus: Indian Summer wie gewünscht! Obwohl die Sonne am Nachmittag immer mal wieder von ein paar Wolken verdeckt wird, flammen die Berghänge leuchtend gelb, orange und rot und dahinter erheben sich ganzjährig weiße, zackige Gipfel, einige davon über 5000 Meter hoch. Einer davon – mit immerhin gut 4000 Metern nicht der Kleinste – trägt übrigens meinen Namen: Laila! Doch den bewundern wir nur von Ferne, denn er steht auf der anderen Seite des Tals. Näher, denn direkt unter uns schäumt grau der Mestiachalda in seinem Kiesbett, ganz eindeutig ein Gletscherfluss: je später der Tag, desto mehr nimmt er Fahrt auf. Je länger die Sonne auf den über uns liegenden Chalaadi-Gletscher scheint, umso mehr Wasser gibt er frei.

Wieder runter vom Berg drehen wir noch eine kleine Runde durch Mestia. Sofort fallen uns die großen, alten Wehrtürme auf, die über der Stadt aufragen. Sie boten den Familien Jahrhundertelang Schutz vor Lawinen und insbesondere vor Angriffen anderer Völker. Und scheinbar mit Erfolg, denn Swanetien, dessen Hauptstadt Mestia ist, wurde niemals – nicht einmal von den mongolischen Horden – eingenommen und blieb immer unabhängig. Jede Familie hatte übrigens ihren eigenen Wehrturm, was wohl nötig war, denn öfter kam es wohl auch zu länger anhaltenden Konflikten innerhalb des Dorfes. In der ersten Reihe wirkt Mestia deutlich moderner mit seinen Cafes und Restaurants. Aber noch nicht allzu lange, noch vor wenigen Jahren war es wohl ein verschlafenes Nest, bis vom Präsidenten ein neues Mestia geschaffen wurde, indem er den alten Dorfkern nahezu komplett abriss und unter anderem eine futuristische Polizeistation, Skilifte und ein neues Rathaus bauen ließ. Nicht ganz unumstritten die ganze Sache, denn viele Familien wurden damals enteignet. Denn die Swanen kannten kein Grundbuch – hier galt der Handschlag und ohnehin wusste jeder, was wem gehörte.
Am Abend zeige ich Miron ein Foto, das ich von den Wehrtürmen gemacht habe und erfahre, dass Familie Khergiani sieben Stück davon besaß. Allerdings habe ich wohl keinen davon mit fotografiert, wie unser Vermieter etwas beleidigt anmerkt. „ Gaumardschoss“, stoßen wir trotzdem gleich wieder an und wir erfahren, dass es in Georgien Tradition ist, bei größeren Tafeln einen Tischführer zu ernennen, den sogenannten „Tamada“, der besonders auf das Wohlergehen seiner Gäste achtete und ( Miron war wohl immer wieder Tamada) sie auch ordentlich anstoßen ließ. Denn wenn der Tamada das Glas hebt, tun´s ihm alle nach. Gaumardschoss!
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