
Indian Summer in Swanetien – und wir wollen unbedingt dabei sein! Darum satteln wir wieder auf und lassen mit leicht blutendem Herzen die (vielleicht) schönste Aussicht Georgiens hinter uns. Neue Aussichten warten! Nochmal durch Batumi, aber diesmal in die andere Richtung und – nein, Waschtag scheint auch mittwochs zu sein: Wäsche, Wäsche, Wäsche überall, wo auch nur das Zipfelchen einer Wäscheleine befestigt werden kann. Unterwegs passieren wir „Magnetic Beach“, einen Strandabschnitt mit fast schwarzem Sand. Wir haben Anja (vom Camp) gefragt, ob dieser Sand wirklich magnetisch ist, sie konnte jedoch auch nichts Genaues berichten. Angeblich sollen Handys besser nicht in den Sand gelegt werden und wer kleine körperliche Gebrechen habe, könne sich in ihm einbuddeln. Bäume wachsen an dieser Stelle auch bis nahezu ans Meer, also ein interessanter Zwischenstopp. Wir bleiben trotzdem nur kurz – nachsaisontypisch liegt leider jede Menge Müll am Strand. Man warte eben gerne, ob dieser über den Winter von alleine verschwindet, wurde uns schon berichtet. Wir wollen nicht auf Zauberei warten und bleiben darum nicht länger. Zwischen Batumi und Dschwari ist Georgien relativ flach und sumpfig. Immer wieder durchziehen Wasserkanäle die gelb blühende Sumpflandschaft, während links das Schwarze Meer blau glitzert. Nach Sugdidi wird´s ländlich. Große Gärten mit prächtigen bis rostigen Eisentoren, teils in bunten Farben bemalt, hinter den Toren quadratische, zweistöckige Häuser. In den Gärten Palmen, Khakibäum, Orangenbäume und jede Menge Nutztiere. Enten in Ententeichen, Hühner, Truthähne. Auf der Straße Schweine und schätzungsweise mehr Kühe als Autos. Auch auf einem Football-Feld grasen sie fröhlich zwischen der Dorfjugend. Pferde scheinen tatsächlich Arbeitstiere zu sein und kein Luxus-Hobby: immer wieder überholen wir schwer beladene Fuhrwerke. Und – wir trauen unseren Augen kaum: aus einer sehr tiefen Sumpf-Pfütze glotzen uns zwei Wasserbüffel hinterher. Leider gibt´s kein Foto, denn die georgischen Drängler ließen uns an dieser Stelle keine Zeit zum Anhalten. Bei Dschwari ist plötzlich Schluss mit dem Flachland. Die Straße steigt zügig an, wir passieren den Inguri-Stausee (schon wieder einer!) und haben rechts von uns eine sehr tiefe Schlucht, von der Straße aus können wir nur an sehr wenigen Stellen bis auf ihren Grund schauen. Unten rauscht der Magana (dessen Bekanntschaft ich noch machen werde, wie ich jetzt noch nicht ahne!).

Am Straßenrand ein Schild „Camp Cafe“. Die Bremsen quietschen. Ganz bis nach Mestia wollten wir heute ohnehin nicht fahren. Im Eingangsbereich begrüßt uns ein ausgestopfter Braunbär in Angriffspose erstarrt. Sehr geschmackvoll! Der Rest des Camps gefällt mir besser: direkt am Hang gelegen mit Aussicht auf den türkisgrünen Stausee. Obwohl kein Stausee-Fan: als Kulisse heute mal okay. Ein älterer Herr in Gummistiefeln begrüßt uns und weist gleich auf ein Holzhäuschen, in dem ein altmodischer Holzofen qualmt und eine Frau Teig knetet. Essen? Klar! Viel deutsch kann er nicht. Doch: „Eins zwei drei vier, rote Fahne tragen wir!“ Soviel ist aus seiner Zeit bei der sowjetischen Armee hängengeblieben. Gekocht wird übrigens georgisch: Hefeteig, wahlweise mit Käse oder Hackfleisch gefüllt und in Eisenformen im Holzofen gebacken. Dazu Tomaten- und Gurkensalat aus dem Garten. Besser geht´s nicht! Nun taucht ein weiterer Herr (hier gibt´s jede Menge Campingplatz-Betreuer) mit Wodka auf. Einen trinken wir mit, aber wir haben beide sofort das Gefühl, aufpassen zu müssen, dass nicht fortwährend nachgeschenkt wird. Es herrscht eine etwas russische Mentalität. Der ältere Herr (ein Onkel) erscheint mit Landkarte: mit viel Gestikulieren zeigt er uns einen Flussabschnitt des Magana, tippt immer wieder auf Ein- und Ausstieg und möchte uns zu guter Letzt live und in Farbe vorführen, was er uns auf dem Papier gezeigt hat. Also steigen wir in sein Auto („Opel!“) und brausen los. An einer Aussichtsstelle besichtigen wir von hoch oben mit dem Fernglas. Der Onkel ist wohl der „Direktor“ des hiesigen Angelvereins und möchte uns einen Jeep besorgen denn: erstens ist mit normalem Auto der Einstieg nicht zu erreichen, zweitens ist es wohl nicht so einfach, eine Genehmigung für die Befahrung dieses Abschnitts zu bekommen. Der „Onkel“ ist wohl die richtige Connection für das Unternehmen. Jürgen googelt und checkt, schreibt auch noch einen Paddelguide an, der viele Touren in Georgien führt – dann recken wir die Daumen: Jeep okay! Daraufhin wird von Betreuer Nummer zwei (Kacha) und dessen Kumpel (Name vergessen) nochmal aufgetischt. Selbstgemachten Hüttenkäse, Brot, eingelegte Tomaten und – Wodka! Wir sind noch pappsatt und essen höflich nur eine Kleinigkeit. Und – denn wir haben´s uns ja schon gedacht – sind vorsichtig mit dem Wodka und verabschieden uns nicht allzu spät ins Bett. Schließlich gilt´s ja, morgen den Magana erstzubefahren!
Kommentar schreiben