
Russland ist nah! Und zwar etwa zwölf Kilometer nördlich von unserem Gästehaus in Ushguli. Allerdings ist es trotzdem kaum möglich, mal schnell einen Blick rüber zu werfen denn im Weg steht: der Kaukasus. Sein höchster Gipfel hier ist der Schchara mit 5.193 Metern, der außerdem einen Gletscher zu bieten hat. Dessen Fuß liegt auf 2.480 Metern und will heute von uns besucht werden. Nach köstlichem Frühstück mit unter anderem den tollen (von mir wieder und wieder gelobten) Chatschapuri (Ihr wisst, die Käsevariante, aber was gibt´s heute Abend?) geht´s los! Wir entscheiden uns für den Fußmarsch zum etwa zehn Kilometer entfernten Gletscher, möglich wäre aber auch eine Jeep-Tour (Straße dafür aber zu laaanngweilig, wir sind inzwischen erfahrene Offroad-Beifahrer) oder ein Ritt zu Pferde, aber hier streikt Jürgen. Also haben wir eben viel Spaß dabei, einigen anderen Touristen dabei zuzusehen, wie die wirklich friedlichen Pferdchen manchmal doch nicht tun, was der (unerfahrene) Reiter sich so vorstellt. Eins hat zum Beispiel gar keine Lust, umzukehren und bleibt so lange bockig in die falsche Richtung blickend stehen, egal, wie sehr der Reiter auch auf seinem Rücken Action macht, bis der Reit-Guide ein paar energische Schreie lässt. Prompt fällt die Erstarrung ab und es geht nach Hause. Wir marschieren weiter Richtung Gletscher, aus dem übrigens auch der Enguri entspringt, jener Bach, der uns schon bei unserer Fahrt nach Ushguli begleitete und der in der Nähe des Magana im Stausee verschwindet. Hier ist er noch ganz friedlich, zuerst im Kiesbett, dann in einer kleinen Klamm, trotzdem aber schon recht flott, typisch milchig und eiskalt!!! Klar, kommt ja aus dem ewigen Eis. Der letzte Kilometer bringt etwas mehr Gekraxel mit sich, wir überholen eine größere Gruppe Israelis (mal wieder) jeden Alters und mit Guide, die ihre Pferde in einem kleinen Birkenwäldchen angebunden haben. Im Moment machen sie Pause. Wir überholen mal und haben nach wenigen Minuten das Gelände vor dem Gletscher erreicht.

Aus seinen Tiefen ergießt sich rauschend der Enguri und mal wieder ist es kaum zu glauben, dass trotz dieses stetigen Stroms der Gletscher immer noch besteht. Blendend weiß die Abbruchkante über dem Fluss, blendend weiß auch seine Fläche aus mit Schnee bedecktem, ewigen Eis, die sich Richtung Gipfelkette zieht. Der direkt vor uns liegende Bereich dagegen ist mit Schutt bedeckt und recht steil. Während wir unseren Proviant auspacken und die Israelis sich langsam nähern (und noch einmal eine Pause einlegen) können wir beobachten, wie sich immer wieder Geröll vom Gletscher löst und mit Getöse im Enguri und dem Boden aufschlägt. Näher gehen nicht ratsam! Während sich die Israelis samt Guide langsam einfinden, haben zwei Japaner die fantastische Idee, sich auf einer Eiskante direkt unterhalb des Gletschers gegenseitig zu fotografieren. Große Freude beim Posieren mit größeren Eisklumpen, Entsetzen bei allen anderen. Rufe und Winken lösen wenig Reaktion aus - schließlich findet ja gerade ein Fotoshooting statt. Um das Ganze abzukürzen: die beiden leben noch. Beim Abstieg ging dann doch noch eine kleine Schlammlawine vor ihren Füßen ab, was Überraschung und Verständnislosigkeit auslöste, aber keinen sichtbaren Lerneffekt zeitigte. Der Guide der Israelis kann nur noch den Kopf schütteln: „Grazy!“, dann hat er jedoch genug damit zu tun, sein Trüppchen wieder in Bewegung zu setzen. Wir tun dasselbe, nur noch etwas höher, überholen dann, auf dem Rückweg nochmal die Israelis und entdecken in der Ferne mitten im Gelände einen Wohnwagen. Einen Wohnwagen? Wer erinnert sich noch an unsere Herfahrt mit dem Jeep? Auch ohne Wohnwagen nicht ganz unaufregend? Eine halbe Stunde später sind wir um eine Tatsache schlauer. Es gibt Offroad-Wohnwagen! Dieser hängt mit einer sehr stabil aussehenden Metallkonstruktion an einem Geländefahrzeug, hat eine Doppelachse und schwebt höhergelegt über dem Gras. Auf seinem Weg hierher hat er, wie wir deutlich sehen können, zwei flache Bäche durchquert. Reisen bildet? Ja, das tut es! Als wir in Ushguli ankommen, sehen wir irgendwo hinter uns am Horizont die Israelis auf ihren Pferden, deren Guide sein Geld heute mit viel Geduld erarbeitet hat. (… und zu essen gab´s wirklich „ something different“ : Fleischeintopf anstatt Teigfladen! Die Georgier kennen noch mehr Rezepte und ich liebe ihre Küche!)
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