
Bevor wir uns nun also schweren Herzens wieder auf die Socken machen (Nika lacht uns schon aus, weil wir täglich verlängern) stelle ich Euch noch schnell Bombora vor. Bombora ist die hauseigene Schäferhündin, auf Befehl schleppt sie in ihrem Maul Holzscheite für´s Kaminfeuer ins Haus und (das ist wirklich niedlich!) bringt ihren Napf, auf dass er von irgendjemandem gefüllt werden möge. Kommt´s dazu, trägt sie ihn brav in ihre Hütte, um dort zu fressen, wenn nicht, zieht sie mit hängenden Ohren ab und räumt ihn ordentlich wieder auf. Nach unserer heutigen Yoga-Einheit (wir werden besser, der Hausherr wackelt deutlich weniger bedenklich mit dem Kopf) geht´s mit Nika in dessen Jeep in die Ratscha-Hügel hinauf. Er kennt dort eine Höhle, die er uns zeigen möchte. Zuerst aber holpern und rumpeln wir uns über die üblichen schlechten Straßen, diese hier ist die alte Verbindung nach Tbilisi und Nika kann berichten, dass sie je höher immer schlechter wird. Wir werden uns also morgen für die Asphalt-Variante entscheiden, auch wenn diese ein paar Kilometer länger ist. Die Straße ist übrigens nicht nur schlecht, sie beinhaltet auch die üblichen Baustellen. Direkt vor uns schiebt ein Bagger einen Erdhaufen auf den Weg. Folge: Straße blockiert. Wir warten, ein Lada überholt und – wartet ebenfalls, nur zwanzig Meter weiter vorn. Es dauert allerdings nicht lange, da hat das Raupenfahrzeug den Hügel wieder glatt geschoben und uns eine hübsche Rampe gebaut – hoppla – und drüber. Damir sind wir aber noch nicht durch. Zehn Meter weiter wüten Bagger, eine Straßenwalze walzt und ein Bauarbeiter lehnt sich gemächlich in unser Autofenster. Er hat einiges zu erzählen, aber selbst Nika zuckt mit den Schultern: der Bursche ist Türke und kommuniziert fröhlich in seiner Landessprache. Aber es sei wie es sei, irgendwann machen die Baumaschinen Platz und es öffnet sich ein Durchgang für uns. Kurz geht´s weiter, dann erneuter Stopp: nächste Baustelle, der Bauarbeiter ist ein Freund der Familie und zeigt stolz einige Quarzkristalle, die am Morgen aus den Felsen herausgebrochen wurden. Wir dürfen uns welche aussuchen. Dann aber geht´s wirklich zum Zielort.

Ein kleines Dörfchen in den Hügeln (fünf Häuser davon bewohnt und im Winter meist von der Außenwelt abgeschnitten). Wir packen die Gummistiefel ein und wandern eine Stunde durch herbstliche Landschaft über schmale Pfade und am Ende durch einen Bachlauf: die „Rubberboots“ tun schon hier ihren Dienst. Und sie haben noch mehr zu tun, denn nun taucht die Höhle auf. Ein rabenschwarzes Loch im Fels, also Stirnlampen angeknipst und Nika an die Fersen geheftet, denn diese Höhle ist weitläufiger und verzweigter, als wir es uns vorgestellt haben. Ich lass mal Jürgen zu Wort kommen: Wer mich aus meiner Kindheit kennt, weiß, dass ich an keiner noch so kleinen Höhle vorbei gehen konnte. Daran hat sich auch heute nichts geändert. Voller Spannung folgen wir Nika in die durch einen Bachlauf geprägte Höhle. Es ist eine fantastische Welt unter der Erde. Überall tropft und gluckst das Wasser und an den besonders engen Stellen strömt uns stöhnend eisiger Wind ins Gesicht. An der Decke glitzern tausende von kleinen Wassertropfen. Andere Besucher hielten sie für Silber, lacht Nika. Nach gut 200m in den Berg hinein treffen wir auf die ersten Fledermäuse, die sich zur Winterruhe zurückgezogen haben. Sie hängen in kleinen und größeren Gruppen kopfüber von der Decke und den Wänden und lassen sich durch uns nicht stören. Als wir dann für ein paar Minuten alle Lichter ausschalten werden wir uns der absoluten Dunkelheit bewusst. Es ist ein sehr friedlicher Moment! Weiter geht es und die Höhle verzweigt sich mehr und mehr. Mal laufen wir durch den Bach, dann klettern wir über große Schuttberge, zwängen und durch schmale Spalten oder springen von einem Vorsprung zum anderen. So eine freie und ungezwungene Höhlenwanderung haben wir noch nie erlebt. Die Schuttberge bezeugen übrigens die immer wiederkehrenden Erdbeben in dieser Region. Zahlreiche Stalaktiten und Stalagmiten wurden durch die Beben zerstört. Nach knapp 2 Stunden und mehr als 1,5 Kilometer sehen wir wieder Tageslicht.

Zurück an Laila: Was für ein Kontrast! Zurück in Licht und Wärme wird uns nochmal klar aus welch fremder Welt wir gerade wieder emporgestiegen sind! Aber es geht noch höher: Nika hat eine weitere Idee und der Jeep bekommt ordentlich Arbeit! Steil geht´s enge ausgespülte Pfade hinauf bis wir auf einem Hochplateau landen. Gut, dass Nika uns vorwarnt, denn urplötzlich gähnt direkt vor unseren Schuhspitzen ein Abgrund. Und was für einer! 300 Meter geht´s senkrecht in die Tiefe, wir stehen am Rande einer gigantischen Klippe. Der Wind bläst uns um die Ohren und wir kommen uns vor, wie die einzigen Menschen auf der Welt! Noch schöner wird dieser Tag eigentlich nur noch durch das Leeren des (wie immer) tollen Picknick-Korbs unserer Wirtin! Am Abend (und schon wieder gibt´s eine reiche Auswahl an georgischem Essen) haben sich die beiden reiselustigen Schwaben, die Neuseeländerin und ein neu dazugekommenes polnisches, frisch verheiratetes Paar eine Menge zu erzählen und gegenseitig Tipps auszutauschen. Nebenbei lernen die verschiedenen Teilnehmer so einiges über Kricket und den Kajaksport… Ach ja, einen Bären gab´s zwar wieder nicht zu besichtigen, dafür aber einen Büschel Bärenfell und einen Platz am Bachufer, an dem zumindest Nika schon mal einen sah…
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