DREIZEHN UNTERWEGS
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Auszeit 2019  ·  06. November 2019

Grottenolme und Schwefelbäder

Nein, keine Überraschung am Morgen. Die Höhlenklöster sind noch immer auf der anderen Seite der Schlucht hoch über dem Mtkvari zu sehen (jener Fluss, dem wir auch schon in Tbilisi begegnet sind) und sehen auch tagsüber ohne Beleuchtung höchst beeindruckend aus. Wie Schwalbennester in einer 500 Meter hoch aufragenden Felswand! Vergleichbares haben wir nie gesehen! Ebenfalls keine Überraschung: ein Hund! Der meistgesprochenste Satz unserer Reise lautet sicher: „Ach guck, wir haben einen Hund!“ Die georgischen Exemplare sind allerdings zum Glück alle stets höflich und freundlich. Einzig die Straßenhunde in Tbilisi waren aufdringlicher. Woran´s wohl liegen mag? Tbilisi hat übrigens ein System, mit den vielen freilebenden Hunden umzugehen. Vor Jahren noch wurden die Tiere gefangen und getötet, was einen Protestschrei unter der Bevölkerung auslöste. Heute werden die Hunde gefangen, sterilisiert und gechipt. Ohne Nachwuchs wird das Problem in den kommenden Jahren immer kleiner werden. Außerdem gibt es in Tbilisi Futterstationen. Den Tieren vom Land, wie unser Freund, der in froher Erwartung neben dem Frühstückstisch liegt, geht´s nicht so gut. Trotzdem kommen sie sogar in den wirklich kalten Wintern hier oben in den Bergen durch. Wie? Man kann es sich kaum erklären… Apropos kalt: die Nächte hier sind wirklich nicht ohne. Jürgen ist (wegen der Kälte oder auch etwas anderem) nicht fit. In die Klöster möchte er trotzdem unbedingt mit. Kann man ja auch verstehen und der Weg ist nicht weit. Also los. Vorher noch kurz an einem Schwefelbad haltgemacht. Anscheinend hat hier jemand ein Becken gebaut, um das aus den Felsen sprühende heiße Schwefelwasser aufzufangen. Einmal kurz warm baden wäre schon schön. Aber: keiner da, der die Tür aufschließt. Das Gebäude über dem Schwefelbad übrigens mal wieder im geschmackvollen georgisch-idyllischen Look: Betonbunker mit kaputtem Blechdach. Trotzdem zu. Wir kommen später wieder, die Klöster sind gleich nebenan. Und die sind wirklich beeindruckend! Sie wurden im12. Jahrhundert in der Steilwand des Berges Eruscheti von König Giorgi III als Schutz gegen Türken und Perser erbaut. Seine Tochter Tamar, die anscheinend irgendwie überall ihre Hände mit im Spiel hatte, vervollständigte sie, richtete sie als Kloster ein und lebte während eines Konflikts mit den Seldschuken selbst zwei Jahre mit ihrem Gefolge hier. Einst gab es hier über 3000 Wohnungen, die durch Tunnel, Treppen, Galerien und Terrassen miteinander verbunden waren. Es gab eine Schatzkammer, eine Kirche, eine Bibliothek, Bäckereien, Ställe, Badebassins, Weinkeller, ein Belüftungs- und ein Bewässerungssystem. Eine Großstadt im Fels! Durch Reste dieser gigantischen Anlage spazieren und klettern wir hier (denn der größte Teil wurde bei einem Erdbeben im Jahre 1.283 zerstört) und ich habe Visionen von „Helms Klamm“ aus „Der Herr der Ringe“. Und mich wundert, dass noch keiner auf die Idee kam, einen Historienfilm über diesen spannenden Ort zu drehen. Wäre ein toller Filmstoff! 

Nachdem wir alles ganz genau inspiziert haben, fragen wir den Herrn im Kassenhäuschen, ob er etwas über den Schlüsselwächter des Schwefelbades wisse und (nachdem noch ein englisch-sprechender Touristen-Guide hinzugezogen wurde) bekommen wir auch eine Antwort. Mit dieser Anleitung finden wir etwas vom Swimmingpool entfernt eine Menge Bienenstöcke und einen älteren, wohlbeleibten Imker. Wir dürfen Honig probieren (und kaufen) und dafür quetscht er sich mit in unseren Camper, um die 200 Meter zum Bad zu fahren. Die Tür geht auf und tatsächlich: in dieser Bruchbude befindet sich ein Pool mit dampfendem Wasser. Wir stürzen uns hinein. 

Was für eine Wohltat! Klar, riecht nach faulen Eiern, wie Schwefelwasser das nun mal tut, aber: ES IST WARM! Aus einer Leitung gluckert Wasser in einer Temperatur, die kaum zu ertragen ist. Kaum zu glauben, dass das so direkt aus der Erde kommt! Paddler kennen Wasser aus der Natur meist nur eiskalt! Im Badebecken selbst kühlt es aber auf sehr angenehme Temperaturen herunter. Anschließend geht´s weiter Richtung Bordschomi! Wir haben uns beide ziemlich in Georgien, seine Natur, die Menschen und das Essen verliebt, so dass wir unseren Zeitrahmen hier ziemlich ausgereizt haben. So langsam müssen wir uns wirklich auf den Rückweg machen! Also weiter gen Westen. Ach nee – erstmal gen Norden, denn auf der geraden Linie Richtung Türkei stehen die Gipfel des Kleinen Kaukasus mit wohl extrem schlechten Straßen im Weg. 

Einkaufen müssen wir noch und in Achalziche taucht links von uns an der breiten Hauptstraße (in Sichtweite zur beeindruckenden Burg Rabati) wie gerufen ein Supermarkt auf. Blinker setzen und links abbiegen. Die Mittellinie der Straße ist zwar durchgezogen, in Georgien spielt das aber keine Rolle. Hier biegt jeder ab wie er will, ob Normalbürger oder Polizei. Wenn man allerdings einen etwas auffälligen, deutschen Camper mit Booten auf dem Dach fährt und dies direkt vor der Polizeistation tut ist das leider eine andere Hausnummer. Das bemerken wir ziemlich schnell, als am Supermarkt der Einsatzwagen hinter uns parkt. Der junge Polizist ist sehr freundlich und scheint es fast zu bedauern, dass er uns ein Bußgeld aufbrummen muss. Sehr gewissenhaft werden unsere Papiere geprüft und dabei stellt sich zusätzlich heraus, dass unsere Insurance für Georgien (die Zusatzversicherung, die man für sein Fahrzeug nochmal extra an der Grenze abschließen muss) nur zwei Wochen gültig war. Wir können´s uns nicht so recht erklären, hilft jetzt aber auch nichts mehr. Es gibt 100 Lari Strafe (Ihr wisst ja, geteilt durch drei), ob für´s falsche Abbiegen oder die fehlende Versicherung wissen wir nicht so genau. Und die Empfehlung, gleich morgen in der Bank die Versicherung zu verlängern. Machen wir. Jetzt aber erstmal einen Schlafplatz suchen, denn Jürgen fühlt sich gar nicht gut. Und fühlt sich heiß an. Nach Irrfahrt und etwas Sucherei in der nächsten Stadt (gesperrte Brücke ohne Umleitungs-Alternative) landen wir irgendwann dann doch auf einer ruhigen Wiese irgendwo oben am Hang und plumpsen in unser Bett. Mit uns plumpst eine eben geöffnete Bierdose auf die Decken und versprüht ihren Charme. Die Stimmung ist mal kurz ein wenig gereizt: Biergeruch und nasse Bettwäsche finde ich ziemlich eklig. Trotzdem schlafen wir irgendwann, aber nicht lang. Jetzt geht´s auch noch in Jürgens Magen los. Mehrmals muss er raus und das in die eisige Nachtkälte, Gar nicht gut, aber nicht zu ändern. Noch in der Nacht beschließen wir aber: solange es Jürgen nicht besser geht, hat das hier wenig Sinn. Wir fahren morgen nur bis Kutaisi und nehmen ein Zimmer, wo er sich ausruhen kann und ein warmes Bad hat. Außerdem müssen wir irgendwo waschen, denn auf eine weitere Nacht im Bierkeller habe ich keine Lust. Gesagt, getan, am nächsten Morgen ziehen wir los nach Kutaisi. Hier herrschen, im Gegensatz zur Bergregion, plötzlich wieder fast Sommertemperaturen. Über booking.com haben wir uns ein Appartement mit Waschmaschine und warmer (!!!) Dusche bestellt. Die Vermieter müssen noch schnell putzen und versprechen, uns einen „Dryer“ zu bringen. Einen Trockner? Wir sind gespannt und gehen eine kleine Runde nach Kutaisi, bis die Putzaktion beendet ist. Für Jürgen gibt´s Cola und Schwarztee. Zurück im Appartement stellt sich heraus, dass der „Dryer“ ein Trockengestell ist und kein automatischer Wäschetrockner. Zum Glück, SO viele Umstände wollen wir nicht machen, aber den Georgiern ist alles zuzutrauen. Trinkgeld als Dank für die flotte Putzaktion nehmen sie auch nicht… Im Camper finde ich eine Packung schwäbische Huober-Brezeln. Die gute Kathrin hatte sie uns mitgegeben, falls wir unterwegs einmal Heimweh nach dem Schwabenland bekommen sollten. Anscheinend war das bisher nicht der Fall, aber Jürgens krankem Magen sollten sie trotzdem guttun. Dürfen die Brezeln auch für einen solchen Notfall verwendet werden? Kathrin gibt grünes Licht: sie dürfen. Und hiermit also nochmal herzlichen Dank an unsere Lebensretterin aus dem Schwabenland. Jürgen sieht inzwischen deutlich weniger blass aus… und während im ganzen Raum kreuz und quer Wäscheleinen gespannt sind, um Bettwäsche und alles andere eilig in die Maschine Gestopfte zu trocknen, plumpsen wir erstmal ins Bett, zur wahrscheinlich vorerst letzten Nacht in Georgien – schluchz!

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