
Hab ich eigentlich mal erwähnt, dass wir gewisse Schwierigkeiten haben, den Epirus zu verlassen? Aber hey! Gute Nachrichten: wir sitzen hier und lauschen dem Rauschen des albanischen Meeres! Aber fast hätten wir´s wieder nicht geschafft! Woran´s lag? Im Allgemeinen an der mythischen Schönheit der nordwestgriechischen Landschaft, im Besonderen an einem von uns entdeckten, wunderschönen Übernachtungsplatz am Meer gegenüber Korfu. Einsam, direkt am Meer mit samtgrünem Rasen bis an die Uferlinie. Und einem funktionierenden Wasserhahn! Und bestem Wetter! Jürgen argumentiert, dass wir es auf diese Art und Weise niemals bis nach Hause schaffen, ich ziehe einen Sitzstreik in Erwägung, muss ihm aber leider Recht geben. Und speichere das traumhafte Plätzchen noch schnell im Kopf und in der Fotogalerie ab. Dann geht´s weiter durch Orangen-, Mandarinen- und Olivenhaine. Diese begleiten uns mit über die Grenze… geschafft! Hallo Albanien! Was fällt auf? Die Autos! Schrottlauben und dicke Daimler und kaum was dazwischen. Im Innenland wirken die Gebäude wieder deutlich ärmlicher als in Griechenland. Einmal passieren wir eine Roma-Siedlung, die Behausungen hier bestehen tatsächlich nur aus Gestellen, die mit Teppichen und Plastikfolien verkleidet sind. Kaum aber nähern wir uns dem Meer ist zu sehen, dass auch hier der Tourismus in den letzten Jahren eine Haupteinnahmequelle geworden ist. Schicke Hotels, Strandbars, Lokale – es wirkt, wie die meisten Küstenstriche am Mittelmeer, neu und sauber. Allerdings um diese Jahreszeit zum größten Teil schon im Winterschlaf. Wir befinden uns übrigens an der albanischen Riviera. Und nachdem wir dessen größten Hotspot Saranda hinter uns gelassen haben, wird´s wieder deutlich beschaulicher mit kleinen Küstendörfchen und immer wieder noch völlig unverbauten Stränden. Auch für Camper ist gut gesorgt, allerdings auch hier: fast alles schon geschlossen.

Wir kringeln uns das Küstensträßchen entlang und entdecken plötzlich über dem Meer etwas, was wir im ersten Moment kaum einordnen können. Das davonziehende schlechte Wetter vom Morgen hat noch einige dunkle Wolken am Horizont zurückgelassen. Und aus diesen strecken sich zwei bleiche Finger bis auf die Meeresoberfläche. Gigantische Wasserhosen! Ganz deutlich ist zu sehen, wie an deren unterstem Ende das Meerwasser in einem gewaltigen Ring nach oben gerissen wird, um dann in einem Wasserkreisel bis in den Himmel zu rasen. Wir können beobachten, wie eine der beiden Wasserhosen immer schmaler und durchsichtiger wird und schließlich ganz verschwindet, einzig ein dunkler Wolkenzipfel hängt immer noch vom dunklen Gewitterhimmel herab, während die zweite Wasserhose unvermindert weiter tobt. Irgendwann fahren wir trotzdem weiter und haben ein paar Kilometer hinter der Ortschaft Himare wieder Glück: wir folgen einem Wegweiser Richtung „Camping Moskato“ und drücken ganz fest die Daumen… und kaum dort angekommen sehen wir, dass es wohl genutzt haben muss! Ein dicker, fetter Offroad-LKW steht dort und sofort kommt uns auch schon der Platz-Besitzer entgegen. Ein älteres Männlein begrüßt uns in bestem englisch. Später erfahren wir, dass er Zeit seines Lebens als Seemann gearbeitet hat und mehr oder weniger auf der ganzen Welt unterwegs war. Nun betreibt er mit seiner griechischen Frau diesen Campingplatz direkt am Meer mit den saubersten Sanitär-Anlagen, die ich je gesehen habe! Die beiden ernten gerade die Oliven der auf dem Platz stehenden Bäume. Und bieten uns auch gleich Öl zu absolut akzeptablem Preis an. Wir sagen nicht nein. Auch nicht zu dem Teller frisch gebratener Krabben, die er uns später herüber bringt und ebenfalls nicht zu der Frage, ob sie morgen Fisch für uns grillen sollen.

Wir sind also bestens versorgt! Die Offroad-LKW-Bewohner sind übrigens mal wieder Deutsche (diesmal aus Lübeck) und auch sie (wie irgendwie alle Fahrende-Festungs-Besitzer, die wir auf unserer Reise treffen) haben das Arbeitsleben längst hinter sich gelassen. Seit zwei Jahren ziehen sie durch die Welt und haben Haus und Hof komplett verkauft. Ein kleines bisschen wehmütig denken wir schon an die nur noch acht verbliebenen Tage unserer Auszeit … aber natürlich freuen wir uns auch wieder auf Freunde und Familie! Doch noch haben wir ja ein bisschen Zeit und die nutzen wir, um unseren Kajaks ein bisschen Auslauf auf dem Meer zu verschaffen. Ordentliche Wellen hat´s heute, die sich allerdings erst kurz vor dem Strand brechen: zum Surfen also eher ungeeignet. Zum die-Küste-entlangschaukeln aber ganz okay. Steile zerklüftete Felsen säumen unseren Weg. Wie winzig man sich mit so einem Bootchen zwischen den riesigen Wellenbergen fühlt! Schön, aber auch ein bisschen unheimlich! Im Licht der untergehenden Sonne paddeln wir zurück und sind überhaupt nicht unglücklich, den Epirus verlassen zu haben und hier zu sein!
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