
…und am nächsten Morgen erfüllen sich auch die anderen Versprechen: trotz tief hängenden Wolken (aber der Regen hat längst aufgehört) ist die Sicht auf die Bucht auch bei Tageslicht schön und wir bekommen tatsächlich Besuch von Kuh und Esel. Bevor es weiter geht, besteigen wir noch schnell die kleine „Festung“. Wie alt sie tatsächlich ist, ist nicht zu erfahren. Klar ist allerdings, dass sie im ersten Weltkrieg (und vielleicht auch noch später) bei der Feindabwehr eine Rolle spielte, die Jahreszahlen auf den Stahlbunkern und drehbaren Geschützen weisen darauf hin. Von hier oben hat man übrigens eine herrliche Aussicht auf das „mittlere Blatt“ des Kleeblatts, das die Bucht bildet und an dessen Ufer unter anderem Kotor liegt (UNESCO-Weltkulturerbe, wie ich noch schnell nachlese). Unsere heutige Etappe ist nicht so lang wie die gestrige, also haben wir Zeit für eine Besichtigung.

Warum sich Menschen bereits im dritten Jahrhundert entschieden, hier eine Festung hinzubauen, erschließt sich sofort. Am hintersten Zipfel der Bucht, diese nur durch einen schmalen Zugang vom Meer aus erreichbar und hoch auf den Berg gebaut, von wo aus man das ganze Umland beobachten konnte, scheint der Sitz nahezu uneinnehmbar. Trotzdem fiel sie (wie so Vieles) für einige Zeit unter die Herrschaft der Osmanen, um dann von den Venezianern wieder befreit und unter deren besonderen Schutz gestellt zu werden. Etliche unterschiedliche Kirchen berichten von der Anwesenheit von Römern, Griechen und Osmanen. Auch für Handel und Seefahrertum war Kotor lange Zeit sehr wichtig. Während wir auf dem hübschen Marktplatz mit dem malerischen Uhrturm (dessen Glocke allerdings eher unschön eisern klingt) unseren Kaffee trinken, sehen wir aber, dass das Städtchen heute eher von Touristen eingenommen wird.

Irgendwo bei Dubrovnik scheint ein Kreuzfahrtschiff mit deutschen Rentnern gelandet zu sein, die per nachgemachtem Seeräuberkahn nun hier abgeladen wurden. Schnell werden sie von ihren jeweiligen Guides in die schmalen Gässchen gelotst und es kehrt wieder Ruhe ein! Nicht allerdings, ohne dass man noch einige deutsche Wortfetzen aufschnappt: „Leute! Es ist schon HALBZWÖLF! Ich möchte später NICHT unter Zeitdruck geraten!“ und ich weiß schon wieder, was ich in Deutschland nicht vermissen werde! Wir genießen unseren Kaffee und nehmen die über Kotor thronende Festung in Angriff. Dreizehn-hundert Stufen (!) führen hinauf und die ganze Zeit über kann man Kotor mit seinem Hafen betrachten, wie es kleiner und immer kleiner unter uns liegt. Über der Festung die grauen Bergmassive, vor denen die ebenfalls grauen Gemäuer optisch fast verschwinden. Anschließend alle Stufen wieder hinunter und noch ein wenig durch die malerischen, schmalen Gässchen mit den glattpolierten Pflastersteinen und den hübschen, kleinen Lädchen geschlendert. Es wirkt ein bisschen wie Dubrovnik im Kleinformat. Und ganz am Ende sitzen wir auf einem anderen Kirchplatz und essen frischen Barsch und gefüllte Kalamaris nach montenegrinischer Art (super lecker!) zu sehr europäischen Preisen. Wir befinden uns definitiv nicht mehr irgendwo im gebirgigen Hinterland des Balkan, sondern an seinen touristisch erschlossenen Küsten. Gut, dass wir uns wieder ans normale Leben gewöhnen können!

Anschließend schrauben wir uns an der Küste der kleeblattförmigen Bucht wieder hinauf ins Montenegro-Gebirge mit seinen bizarr geformten und gefalteten Bergmassiven – eine karge, steinige Welt! Kurz durchqueren wir noch einmal Bosnien, um dann einige Kilometer vor Makarska die Grenze nach Kroatien zu passieren, um auf dessen Küstenstraße noch ein paar wenige Kilometer hinter uns zu bringen. Den Besuch bei Fani und Bobo auf Peljesac mussten wir leider ausfallen lassen, da sich die komplette Familie gerade an diesem Wochenende auf einer Hochzeit in Split befindet. Ein bisschen traurig waren wir deshalb natürlich schon, dafür trösteten wir uns aber (wie berichtet) mit einem längeren Albanien-Aufenthalt und Kotor… Und heute haben wir auch im Campingplatz-Bereich Glück. Der Platz in Makarska hat tatsächlich (wie angegeben) geöffnet und als wir aussteigen, fühlen wir uns fast wie zu Hause! Hier riecht´s, wie wir es von unseren Kroatien-Urlauben in Orebic kennen: nach Pinien und Meer und die Luft ist erstaunlich mild! Nur das Zirpen der Zikaden fehlt Ende November! Ebenfalls fehlen die anderen Touristen. Der Platzwart öffnet uns die Schranke und meint, wir könnten unseren Stellplatz frei wählen. Schwierige Entscheidung, denn wir haben wirklich freie Wahl! Auf dem ganzen, ziemlich großen Gelände befindet sich kein einziger Gast! Nur das Meer und wir! Wir breiten uns also ordentlich aus und genießen noch einmal die Nähe des Meeres – zum letzten Mal vorerst, denn morgen bewegen wir uns durch´s kroatische Innenland. Und sind schon jetzt nur noch dreizehn Autostunden von zu Hause entfernt…
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