Drei Monate wurden sie durch Osteuropa, die Türkei und Georgien kutschiert – blinde, unnütze Passagiere ganz unten auf dem Boden der mit Schuhen und Flaschen gefüllten Klappkiste: meine Joggingschuhe! Stimmt nur fast, denn einmal durften sie tatsächlich joggen, damals vor langer Zeit am Crno Jezero, dem Schwarzen See in Montenegro. Und einmal waren sie Ersatz für die nassen Trekking-Schuhe. Heute gebe ich ihnen nochmal die Ehre, damit sie nicht das Gefühl haben müssen, auf dem Abstellgleis gelandet zu sein. Schließlich haben wir heute Vormittag ein bisschen Zeit und es außerdem überhaupt nicht eilig, den mediterranen Spätsommer hinter uns zu lassen. Der Campingplatz in Makarska gehört immer noch uns allein und auf meiner Jogging-Tour begegne ich ebenfalls nur ganz wenigen Menschen. Manche von ihnen mit Hund an der Leine – ein lange nicht mehr gesehener Anblick! Hunde gab´s zwar die letzten Wochen mehr als genug, die allerdings führten sich alleine aus. Die Laufstrecke am Meer entlang entpuppt sich übrigens als sehr nett! Die langweilige Uferpromenade liegt schnell hinter mir, ein Kiesweg führt durch Ansammlungen von Pinien und wird bald zum Trampelpfad an der Steilküste entlang, quert verschiedene, kleine Strände und landet schließlich an einem Fischereihafen. Alles ruhig und beschaulich. Klar ist aber auch: in der Saison will man hier nicht sein! Die geschlossenen Strandbars und Imbiss-Stände, Minigolfplätze, Liegestuhlstapel, Trampolinanlagen, Tretboote mit Rutschbahn, Karussells und Hotels, die ich an der Uferpromenade passiere sprechen eine SEHR deutliche Sprache: voll, laut, nichts als Unterhaltungs-Halligalli und Verbotsschilder! An den Stränden darf nicht einmal Picknick mitgebracht (dafür darf man an den Büdchen tüchtig einkaufen!) und NIEMALS außerhalb der begrenzten Bereiche geschwommen werden! Horror! Was macht man den ganzen Tag, außer in der Sonne brutzeln und Geld ausgeben? Ende November allerdings ist es nett: das Meer ist ruhig, ein paar Fischerboote tuckern hin und her und Jürgen und ich können (nach Beendigung meiner Laufrunde) ganz in Ruhe am Strand frühstücken und uns ausbreiten, so viel wir wollen!
Um die Mittagszeit satteln wir dann schweren Herzens auf, denn klar ist: nun verlassen wir endgültig Meer und Spätsommer-Idylle! Unsere Route ist bekannt, auf diesen Straßen Richtung Plitvice waren wir viele Jahre in den Familienferien unterwegs und Erinnerungen blitzen auf: hier stand der defekte VW-Bus, dort haben wir Picknick gemacht und die leckeren Strudele aus Slunj aufgegessen! Am spektakulären Felsdurchbruch oberhalb von Makarska verschwinden wir dann auch in den Bergen und lassen die blaue See mit einem Schlag hinter uns. Lange Zeit fahren wir an der Cetina-Schlucht entlang und durchqueren Winnetous Hochebenen. Und lange Zeit hält das Spätsommer-Feeling an, bis etwa eine Stunde vor Plitvice der Wind zunimmt, sich Wolkenberge am Horizont auftürmen und ein gefährlich gelbes Licht am Himmel wabert. Ein aufkommendes Unwetter?
Irgendwie schaffen wir es, dem Sturm auszuweichen, landen allerdings bald darauf in einer nahezu undurchdringlichen Nebelsuppe. Kurz mal die Scheiben runter – brrr! – und schnell wieder hoch! Wir sind zwar noch in Kroatien, trotzdem fühlt es sich an, als hätte uns der deutsche Herbst mit kalten, klammen Fingern gepackt! Bald darauf checken wir in unserem heutigen Quartier ein. Nein, sagt der Zimmerwirt, nicht ungewöhnlich, die Kälte, normalerweise hat´s sogar schon Schnee um diese Jahreszeit. Heute gibt´s Regen und Nebel. Als wir etwas später in einem nahen Restaurant zu Abend essen wird´s dann aber doch noch winterlich! Jede Menge schneelastige Weihnachtsdekoration rundherum! Klar – nur noch sechs Tage bis zum ersten Advent! Und wir galoppierten heute mal kurz durch drei verschieden Jahreszeiten…
Kommentar schreiben