Halbinsel Peljesac, dalmatinische Adriaküste, Südkroatien im April 2025. Gefühlt sind wir nahezu alleine hier. Natürlich abgesehen von den verschiedenen Mitgliedern der Familie Danicic, die uns herzlich aufgenommen haben. Und gerne den Wein aus den eigenen Weinbergen, den selbst gebrannten Schnaps, die eigens erbeuteten Fische, ihre Zeit und überhaupt einen (für uns) schönsten Orte der Welt mit uns teilen! Das tiefblaue Meer vom Aufwachen bis zum Einschlafen vor der Nase, die raue Felsenküste und die Ruhe! Von hier aus lässt es sich gut in sieben Monate Abenteuer stürzen! Wir erledigen ein paar Dinge, planen grob die nächsten Stopps, Jürgen stürzt sich in technische Angelegenheiten und beschäftigt sich mit den verschiedenen Möglichkeiten unserer neuen Drohne – also aufgepasst: wo auch immer ich bin, fühle ich mich ein bisschen verfolgt! Die Ergebnisse allerdings werden besser, also nehme ich es mal hin…

Ich perfektioniere den morgendlichen Milchschaum auf dem Kaffee. Wer meinen WhatsApp-Status verfolgt, dem wird schon aufgefallen sein, dass es ein tägliches Update zu besagtem Thema gibt. Hintergrund ist unter anderem die Anschaffung eines der wichtigsten Features unserer Reise: dem mechanischen Quirl! Mit nur etwas Muskelschmalz zaubert er feinsten Milchschaum an jedem Platz der Welt. Freundin Eva kennt sicher noch mehr Gründe, die zu diesem (weiteren) Running Gag führten (zum Glück ist das handliche Gerät ja nicht schwer!), aber darüber schweigen wir, stimmt´s, Eva?
Ein bisschen wollen die Beine natürlich doch vertreten werden und so machen wir uns erstens auf zum Nachbarort Trstenik und verspeisen eine sehr luxuriöse Fisch- und Meeresfrüchteplatte zu absolut vertretbarem Preis. Unterwegs kann die Baustelle besichtigt werden und zu Fuß ist der Graben auch überkletterbar. Auf dem Rückweg in der Dunkelheit dann Meeresrauschen, ein unfassbar klarer Sternenhimmel, Lichter in der Ferne, das Heulen eines Schakals und Rufe verschiedener Nachtvögel.
Zweitens: auch der mit 961 Metern höchste Berg der Halbinsel Peljesac und Süddalmatiens, der Sveti Ilija, will einmal mehr bestiegen werden. In der Vergangenheit starteten wir immer im Örtchen Orebic im Süden. Die Söhne Marian und Jascha hatten jedoch im letzten Jahr eine neue Route entdeckt, die wir gerne ausprobieren wollen. Dazu umrunden wir die Südspitze und parken beim verlassenen Dörfchen Nakovana. Zuerst geht´s durch buschbewachsene Wiesen, über Kiespfade, dann im Geröll den Berg hinauf, durch Steineichenwälder voller Alpenveilchen und … Wildschweinspuren! Über Quadratkilometer hinweg ist der Boden aufgewühlt, hier muss nachts die Hölle los sein: offenbar befinden wir uns in den Wildschwein-Mountains. Von den borstigen Gesellen ist allerdings nichts zu sehen (oder zu riechen). Dafür werden wir, als wir die letzten Höhenmeter die gerölligen Bergflanken hinaufsteigen von einer Herde Mufflons beglotzt. Sie halten zwar sicheren Abstand, bleiben jedoch immer wieder stehen und wir glotzen zurück. Links und rechts von uns erstrecken sich nun Hänge voller junger Salbeipflanzen. „Aus den Wildschwein-Mountains nach Salbanien“, könnte die Überschrift der nächsten Geschichte sein, meint scherzhaft der Mann. Aber das ist dann doch ein bisschen dämlich, oder?
Und dann sind wir oben am Gipfelkreuz und obwohl wir schon mehrfach hier oben waren überwältigt der plötzliche grandiose Ausblick auf Meer, Inselwelt und die Bergrücken von Peljesac! Der perfekte Ort für Jürgen ein paar Einstellungen der Drohne auszuprobieren und für mich als (Vesper mampfendes und den Ausblick genießendes) Fotomodell einfach nur dasitzen zu dürfen – nach zwei Stunden Aufstieg am Berg!
Stunden später passieren wir auf dem Rückweg ein weiteres verlassenes Dorf. Doch dieses wirkt lange nicht so „aufgeräumt“ wie das zu Anfang erwähnte Nakovana. „Gornja Nakovana“ lesen wir auf einem Hinweisschild aus Holz. Doch dieser Ort wirkt nicht wie eine historische Sehenswürdigkeit! Halb versteckt hinter wucherndem Dornengestrüpp und Teppichen aus Kamille und Schlingpflanzen tauchen zerfallene und halb zerfallene Häuser auf. Teilweise stehen nur noch die Wände, teilweise sind noch Teile der ehemaligen Einrichtung zu besichtigen. Alles voller Scherben, zerbrochener Dachziegel, modrigen Holzbalken und dazwischen hängen Jacken an den Wänden, stehen Kaffeedosen auf der Kante von rostigen Herden und Koffer mit geöffneten Deckeln. Ein gruseliger Ort! Was mag hier passiert sein? Sind das ebenfalls, wie so oft, verlassene Ruinen ehemaliger unerwünschter und geflüchteter Bewohner vor dem Balkankrieg? Weder Fani und Bozo, noch das Internet können an diesem Abend die Fragen beantworten. Der einzige Eintrag, den ich finde, weist den Weg zu der Stätte und eine Beschreibung: „Geisterdorf“…
Am Abend haben Bozo und Fani zum Dinner geladen. Er:“ the Master of grill“ brutzelt seine selbst gefangenen Fische aus dem Meer, sie: „the Queen of kitchen“ bereitet Gemüse, Kartoffeln, Salat und Nachtisch. Der Schmaus ist wie immer nicht zu toppen und es wird ein seeehr später Abend, denn auch unsere beiden Gastgeber scheinen die (noch) vorsaisonale Ruhe ausgiebig mit uns zu genießen!
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