Die letzten Tage in Dingac und was sie so brachten: sich spektakulär brechende Wellen an der kleinen Felseninsel südlich unseres Quartiers (und Perfektionierung des Drohnenflugs), Gartenkunde mit Ane und Ivo (der älteren Generation im Hause Danicic) und am letzten Morgen noch schnell eine Tour mit Bozo in seinem Fischerboot. Das Meer ist spiegelglatt und am Horizont verwischen sich Himmel und Wasser im diffusen Morgenlicht. Gekonnt steuert Bozo seine am Vorabend ausgelegten Netze an und tatsächlich hat sich der ein oder andere Fisch für´s Abendessen darin verfangen. Sogar einer der drachenähnlichen Skrpina (Skorpionsfisch) ist dabei. Jedoch nicht mehr für uns, denn wir packen unsere Siebensachen und machen uns auf den Weg ins Abenteuer!
Wir verlassen die Halbinsel Peljesac über das Örtchen Ston mit seinen alten Wehrmauern und den Salinenbecken, gondeln die Küstenstraßen mit den fantastischen Ausblicken übers blitzblaue Meer mit seinen zahllosen Inselchen entlang, passieren Dubrovnik mit seiner Altstadt im Piratenlook. Und da kommt auch schon die Grenze von Montenegro! Kurzer Check: nein, Geld muss nicht getauscht werden – auch hier gibt´s den Euro.
Das Navi zeigt zweikommafünf Stunden für hundert noch zu fahrende Kilometer. Wir kratzen uns am Kopf. Ein Teil des Rätsels löst sich alsbald, denn die kleeblattförmige Meeresbuch bei Kotor auf den Küstensträßchen zu umfahren gleicht tatsächlich einer Schneckenpost. Wir verlängern die Zeit noch, indem wir an einer der zahlreichen Muschelfarmen Halt machen. Im Wasser die Muschelbojen, am Ufer einige Tische und Bänke aufgestellt und am Rand der Szene ein Hüttchen und ein kleiner Grill, auf dem die Miesmuscheln zubereitet werden. Das können wir uns auf keinen Fall entgehen lassen! Zwei Austern zur Feier des Tages gibt´s noch dazu und so können wir bald schon unsere Fahrt fortsetzen
Nun wird´s spannend! Wir folgen einem Tipp aus Park4night. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass die in dieser App empfohlenen Übernachtungsplätze für Überraschungen jedweder Art sorgen können. Sei es die Parkbucht an der vielbefahrenen Passstraße, sei es ein Winkel in einer Hafenanlage (soweit die Negativbeispiele) oder seien es verschiedene wirklich hübsche Plätzchen abseits vom Verkehr - alles kann dabei sein. Unser heutiges Ziel verspricht alpines Feeling mit Sicht auf das Kleeblatt von Kotor. Vierradantrieb wird empfohlen (und hier löst sich der zweite Teil des Rätsels um die lange Anfahrt). Wir entscheiden: das wird die Feuertaufe für unsere „13“ und schrauben uns erstmal noch recht komfortabel zwar steil, aber immer noch asphaltiert in die Berge hinter Kotor hinauf. Die Straße ist schmal, der Gegenverkehr erstaunlich üppig, doch in jeder Kurve kann man spektakuläre Blicke auf die Bucht erhaschen, alleine dafür lohnt sich das Ganze schon mal. Wir kurbeln uns höher und höher, inzwischen scheinen wir die Einzigen hier oben zu sein. Die Landschaft wirkt immer winterlicher – ein krasser Gegensatz zum gefühlten Frühsommer an der Küste. Und nicht nur die Bäume wirken winterlich kahl, nun tauchen auch noch einzelne Schneeflecken in unserem Sichtfeld auf. Gut, dass die Heizung bestens funktioniert! Wir durchqueren doch noch ein Dorf – wer zum Teufel wohnt hier oben in dieser ausgesetzten Lage? Und dann kommt die angedrohte Rumpelpiste! Und es ist wirklich eine Rumpelpiste! Tiefe Rinnen und Löcher im Schotter, dazu wird es immer steiler! Unsere „13“ legt sich mal nach links, dann nach rechts, aber ganz brav uns langsam arbeitet sie sich Stück für Stück den Hang hinauf. Die letzten hundert Meter sollen die schlimmsten sein, hieß es. Und so ist es auch! Nun streikt zwar vielleicht noch nicht unser Auto, dafür aber ich! Zu steil, zu ausgewaschen und von tiefen Löchern durchzogen! Selbst der Herr des Wagens schüttelt bedenklich den Kopf. Also nicht ganz nach oben zum Premiumplatz mit der tollen Aussicht, sondern ein Stückchen weiter unten am Waldrand. Ich kann mir den Angstschweiß von der Stirn wischen, das Autochen in Sicherheit wiegen (ich tätschle es noch schnell für seine treuen Dienste) und plane schon mal ein, den Morgenkaffee trotzdem mit der schönen Aussicht zu genießen. Schließlich sind es nur ein paar Meter bis nach oben und zu Fuß sind sie einfach zu bewältigen. Jürgen und ich probieren es gleich mal aus und der Anblick aus 1400 Meter Höhe auf die erleuchteten Ränder der Bucht ist wirklich alle Mühe wert!
Der Vollmond erleuchtet die felsige Landschaft und in der Ferne heult ein Uhu – mehr Klischee geht nicht. Und so sind wir sehr zufrieden mit unserem Schlafplatz…
…und immer noch zufrieden beim Aufwachen am nächsten Morgen. Denn unser Plätzchen in der Senke am Waldrand erweist sich als windstiller Glückstreffer! Oben auf der Kuppe (der Premiumplatz mit Sicht auf Kotor) zieht es wie Hechtsuppe, so dass der Kaffee zwar hochgetragen, fotografiert, dann aber doch recht zügig wieder hinunter getragen wird.
Das Abwärtsrumpeln mit dem Auto fühlt sich übrigens nicht ganz so wild an wie die Aufwärtsfahrt, aber vielleicht haben wir uns inzwischen schon ans Offroaden gewöhnt. Somit geht es entspannt weiter und am Skodari Jezero (dem See von Shkodre, der übrigens der größte des Balkans ist und eine montenegrinische und eine albanische Seite hat) gibt´s gleich zwei Deja-vues: auch hier schraubt sich eine Serpentinenstraße abwärts an besagtem See entlang. Immer wieder gibt es fantastische Ausblicke, zuerst auf den Rijeka Crnevica, der in den See fließt und später auf den See selbst. Ersteres erinnert ein wenig an die Neckarschleife (Unterschied: in der Mitte bergiger), zweiteres an die vietnamesischen Buchten mit ihren hügeligen Inseln. Zumindest ich habe diese Assoziationen…
Jürgen bremst lieber wieder für eine überfahrene Schlange. Ob es abermals eine der seltenen (und hochgiftigen) Hornvipern ist, wie damals in Bosnien? Dieses Deja-vue wäre nach Jürgens Geschmack gewesen, natürlich lebendig und in sicherer Entfernung noch besser. Sieht aber eher wie eine große Schleiche aus. Irgendwann taucht am Wegesrand ein Holzschild auf: Caffe. Nette kleine Tischchen verteilt am erhöhten Ufer und terrassenförmig im Hügel mit herrlicher Aussicht auf den See. Wer wären wir denn, dort einfach weiterzufahren? Zumal es hausgemachte Säfte und Kuchen gibt. Dazu Käse und Schinken aus der Region! Mahlzeit also!
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Regina (Mittwoch, 16 April 2025 10:26)
Jürgen ich beneide Euch. Ich kenne so viele Ecken die Ihr bisher besucht habt.
Auch Montenegro ist Mega schön. Leila Deine Berichte sind wunderbar zu lesen. Vielen Dank dass ich Euch so auf Eurer Reise begleiten darf. Ich freue mich jetzt, über für mich unbekannt Ecken zu lesen.
Weiter eine gute Reise
Viele Grüße Regina