Nahezu zwei Wochen wurde Ungarn (ungeplant, aber begeistert) von uns unsicher gemacht, nun aber zieht es uns über die nächste Grenze: Rumänien, Transsilvanien, Vampire (?), endlose, einsame Wälder und BÄREN! Ob sich unsere Vorstellung mit der Wirklichkeit deckt wird sich erweisen. Ich decke mich noch schnell mit Ungarns National-Süßigkeit Pöttyös ein (gibt´s im Kühlregal und schmeckt wie Quark in verschiedenen Geschmacksrichtungen mit Schokolade überzogen = lecker!), könnte ja sein, dass es in den neuen Gefilden nichts gibt. Dann brausen wir wieder schnurgerade über die Puszta-Steppe, fliegende Fasane inklusive, passieren den Ort Debrecen (ja, hier kommen die Debreziner Würste her) und schon sind wir an der rumänischen Grenze angelangt. Brav bleiben wir stehen, doch der Übergang ist völlig verwaist: keiner da. Dann eben nicht, die Pässe sind schnell weggepackt und wir sammeln erste Eindrücke. In einem kleinen Örtchen wird bei der Banca Transilvania (hier kommt schon ein leichter Grusel auf) die Landeswährung Lei abgehoben. Dass dies übrigens das Land der hohen Berge (Karpaten!), tiefen Schluchten und bewaldeten Hügel sein soll ist hier noch nicht zu erkennen. Platt wie ein Tablett präsentiert sich die Landschaft, so dass wir unser heutiges Ziel, einen Campingplatz in der Nähe von Satu Mare schnell erreicht haben. Die letzten Meter holpern wir durch ein Bauerndörfchen, einmal um die Ecke und – hoppla- hier ist das Tor verschlossen und mit einem Zahlenschloss gesichert. Allerdings steht eine Telefonnummer am Tor, die von uns gleich angerufen wird. Und einfacher könnte es nicht sein: die Dame spricht deutsch mit und, nennt uns den Code für´s Schloss und wünscht uns viel Spaß beim Sonnenuntergang-gucken. Ach ja, morgen käme ein junger Mann zum Bezahlen vorbei. Wir haben also wieder freie Auswahl und beste Sicht über die Wiesen. Die altbekannten Fasane krächzen in ihren Verstecken, der versprochene Sonnenuntergang ist wirklich fantastisch und ganz am Ende des Tages gibt es noch ein unerwartetes Highlight: ein Uhu gleitet geräuschlos über das Terrain -zack!- stürzt er sich auf für uns unsichtbare Beute, steigt wieder auf, verschwindet, um sich kurz darauf auf einem Pfosten niederzulassen und neugierig zu uns herüber zu schauen. Und egal, was Rumänien in der nächsten Zeit zu bieten hat: allein wegen des Uhus hat es sich für mich schon gelohnt! Könnte vielleicht noch von einem Bären getoppt werden…?
Ein bisschen planen wir noch die nächsten Tage. Eine Klamm-Wanderung aus dem Reiseführer (ja, sowas durfte noch ins überladene Auto) klingt vielversprechend. Beim Weiterlesen werde ich aber stutzig: nach der Klamm-Durchquerung wird der Aufstieg auf einen ukrainischen Berggipfel empfohlen. Kurzer Blick aufs Impressum: jep, das Buch ist von 2019. Diesen Tipp werden wir nicht umsetzen.
Nächster Morgen: wir sitzen schon in den Startlöchern. Bis Garda de Sus wollen wir heute fahren. Hier wartet das Apuseni-Gebirge und Transsilvanien auf uns. Doch ein hereinrumpelnder Schweizer Mercedes-Sprinter verzögert das Vorhaben. Kurzer Austausch: wo kommt Ihr her? Rumänien und Türkei? Super! Bestimmt gibt´s hier Reisetipps für uns! Der Fahrer des Wagens namens Jörg steht gleich darauf mit einer Dose Bier vor uns und freut sich, endlich mal wieder deutsch reden zu dürfen. Lange Rede, kurzer Sinn: die Abfahrt verzögert sich erheblich, Reise-Anekdoten werden ausgetauscht und hiermit gehen nochmals Grüße raus an Karin und Jörg (huhu! Ihr seid auf unserem Blog!) und wir hoffen, dass der Regen noch ein wenig auf sich warten ließ. Denn (fast) nur dem sich ankündigenden schlechten Wetter war geschuldet, dass wir nicht doch noch spontan eine weitere Nacht auf dem Uhu-Campingplatz verbracht haben.
Gut vier Stunden Fahrt liegen also vor uns. Und tatsächlich ist nicht eine Minute davon langweilig! Fast unmerklich verändert sich die flache Ebene, sanfte, bewaldete Hügel bauen sich auf, die, je weiter wir vorwärts kommen, immer höher werden, am Horizont im Dunst sind schon Ausläufer der Karpaten zu erahnen. Immer wieder passieren wir kleine Dörfchen, liebevoll gepflegte Häuschen, das übliche Wirrwarr an Stromleitungen über den Straßen dekoriert von bewohnten Storchennestern. Alte Männlein und Weiblein, die in den Gärten arbeiten oder auf den Weiden die Kühe und Schafe hüten. Auch die Fahrstraßen und gerne auch die Kreisverkehre werden von Kühen und Schafherden frequentiert. Und tatsächlich: auch Pferdekutschen gibt es einige Male zu sehen. Wir vermuten, dass die Fahrer Roma sind, die hier die zweitgrößte (oder wie oft vermutet wird sogar die größte) ethnische Minderheit nach den Ungarn bilden. Die Ladeflächen der Fuhrwerke sind teilweise hoch beladen mit Schrott und Altmetall, obendrauf Strohgarben – als Wegzehrung für´s Pferd? Die ersten Straßenhunde tauchen auf (wer erinnert sich noch an den Running Gag unserer ersten Auszeit: „Guck mal, wir haben einen Hund“?) und in manchen kleinen Dörflein wurden die Straßen effizient einfach durchnummeriert anstatt sich Namen auszudenken.
Bald sind wir selbst unterwegs auf sich windenden aufwärts führenden Straßen durch die dichten Wälder. 6000 Bären soll es in Rumänien geben und wenn man Kilometer um Kilometer durch diese endlosen einsamen Wälder gondelt kann man sich das Auftauchen eines zotteligen Kumpels an jeder Ecke bestens vorstellen. Doch bevor es soweit ist lässt Google uns von der asphaltierten Straße in eine der üblichen Rumpelpisten abbiegen. Laut Anfahrtsbeschreibung durchaus nicht falsch, die letzten Kilometer bis Garda de Sus sollen nicht ohne sein. Wobei das dann alsbald untertrieben wirkt. Die Schlaglöcher werden zahlreicher und tiefer, die Rinnen immer ausgewaschener. Steil geht es in die Höhe und wieder abwärts. Die Aussicht, so ich den Blick von der Fahrbahn wenden kann, ist allerdings grandios! Das Navi zeigt weitere 18 Kilometer auf 45 Minuten an. Das heißt: besser wird´s nicht! Am Straßenrand steht ein Offroad-Jeep, ein junger Hirte daneben. Ich zeige ihm mein Handy mit dem angepeilten Ziel und frage, ob wir uns noch auf dem richtigen Weg befinden? „Not exactly“, ist seine Antwort „this is offroad“. Und er beschreibt uns den Weg zur nächsten Asphaltstraße. Wir schaukeln mit unseren Booten auf dem Dach von dannen und fragen uns, was der junge Mann sich denkt, was wir hier oben vorhaben. Was wohl „Trottel“ auf rumänisch heißt? Apropos Trottel: Google mal wieder! Ich muss aber natürlich einräumen: ohne diesen Abstecher hätten wir einige fantastische transsilvanische Eindrücke verpasst. Plus die völlig entspannte Kuh, die an einem Wasserloch mitten auf dem Weg zuerst einmal genüsslich ihre Trinkpause zelebrierte, bevor sie sich bequemte, der wartenden „13“ Platz zu machen.
Doch Ende gut, alles gut: wir erreichen unseren neuen Schlafplatz am Ufer eines plätschernden Bächleins und bestellen zu unserem Essen im nahegelegenen Restaurant jede Menge Knoblauchsoße: schließlich sind wir hier in Transsilvanien und sicher ist sicher!
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Karin&Jörg (Samstag, 24 Mai 2025 19:23)
Juhu, wir sind auf Eurem Blog!
Toll, dass wir Euch getroffen haben, jetzt lesen wir immer wieder mal gerne rein in Eure Geschichten (und die sind so richtig spitze!). Wir wünschen Euch ganz viele unvergessliche Erlebnisse zusammen und allzeit gute Reise. Und… man sieht sich immer zweimal. Alles Liebe, Karin&Jörg