DREIZEHN UNTERWEGS
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Auszeit 2025  ·  21. Mai 2025

Bär und mehr

Was sind schon Pläne? Ein relativ spontan gefasster Plan hieß beispielsweise: wir fahren auf der wunderschönen 66A einfach noch weiter, rüber über den Berg, erkunden die märchenhafte, einsame, bewaldete Landschaft des Retezat, finden vielleicht wieder einen wilden Schlafplatz (und lassen den Regen hinter uns?) und kommen irgendwann auf der anderen Seite im nächsten Nationalpark namens Domogled-Valea Cernei und Richtung Donau an der serbischen Grenze wieder raus. Allerdings: am Vortag auf unserer Wanderung konnten wir schon die eigenwillige Straßengestaltung besichtigen. Bis etwa einen Kilometer nach unserem Schlafplatz ganz gut ausgebaut endet der Asphalt plötzlich in einer steilen Schlammpiste mit von irgendwelchen Offroad-Fahrzeugen tief eingefahrenen Spurrillen. Am Abend hatten wir noch kurz überlegt: wollen wir die Gelände-Fähigkeiten der „13“ mal so richtig testen? Ein älterer Herr mit Regenschirm und ohne englische oder deutsche Sprachkenntnisse war kurz zuvor über unseren Platz spaziert. „Sportif“, erklärte er und zeigte auf seine Beine. Aber wahrscheinlich war er einfach nur neugierig gewesen, was die seltsamen Touris mit den Booten auf dem Dach wohl so vorhatten… Trotz der Sprachbarriere (und mangels fehlenden Internets auch ohne Übersetzungs-App) finden wir mit viel Zeichensprache, Hand und Fuß heraus, dass die Schlammwüste etwa vier Kilometer bergauf und dann drei Kilometer wieder bergab führt. Danach soll´s wieder normal werden. Wir schlafen eine verregnete Nacht über die Idee und entscheiden uns dagegen. Bei trockenem Dreck kein Problem, aber in dem glitschigen Matsch erscheint uns die Gefahr, unsere (nur beinahe) überladene Karre  nicht wirklich im Griff zu haben doch nicht unrealistisch. Also neuer Plan: die andere Seite der Traverse möchten wir doch gerne sehen. Darum entscheiden wir, auf der laaangen Umfahrung, wieder beinahe an Eisenmarkt vorbei und dann westlich und nördlich zu fahren, bis wir uns auf der anderen Seite des Höhenzugs und auf weiter oben beschriebenem Punkt befinden. Für eine Tagestour ist uns das zu weit (denn schließlich wollen wir ja was erleben unterwegs) und so erleben wir wenige Stunden später den nächsten Glücksfall: unterhalb von Hateg und immer noch im abenteuerlichen Retezat-Gebiet liegt das kleine Örtchen Nucsoara. Hier betreiben Anja und Steffen aus Deutschland einen kleinen und unfassbar charmanten Campingplatz, inklusive selbst produzierte Ziegenmilchprodukte der eigenen Tiere. Und außerdem inklusive bester Connections zu einem kleinen, traditionellen Restaurant gleich die Dorfstraße hinunter. Es wird lokal gekocht, Speisekarte gibt es nicht, sondern einfach das, was es eben heute gibt. Klingt genauso wie wir es mögen! „Soll reserviert werden?“ ist die Frage. Denn Essen gibt´s nur auf Bestellung. Auf jeden Fall, da muss nicht lange beraten werden. Und so erleben wir kurz darauf Schwiegermutter und Schwiegertochter (inklusive Enkelkind) in kulinarischer Höchstform. Kohlsuppe, anschließend Schnitzel mit Kartoffelbrei und eingelegte Paprika in reichlichen Mengen. Anscheinend sehen wir hungrig aus. Und es ist so lecker, dass am Ende kein Krümel  übrig bleibt. Daraufhin schenkt der Sohn uns selbstgebrannten Apfelschnaps aus und wir haben Gelegenheit, uns ein wenig zu unterhalten. Eineinhalb Jahre lang war er Amazon-Paketfahrer in München (das schwierigste waren für ihn die verdrehten deutschen Zahlen), kehrte dann aber wegen Schwangerschaft der Frau wieder nach Rumänien zurück, wo er nun für eine griechische Firma als Elektriker arbeitet. Und nun folgt eine Geschichte, wie wir sie (nicht nur in Rumänien, das letzte Mal zum Beispiel von unserem Blendi Palushi in Albanien gehört haben): für heimische Firmen zu arbeiten ist einfach nur frustrierend! Schlechte Bezahlung und völlig unverhohlene „Vetterleswirtschaft“ sind gang und gäbe. Aufstiegschancen anhand von eigener Leistung quasi nicht möglich. Das Arbeiten bei ausländischen (hier griechischen, in Blendis Fall deutschen) Konzernen ist darum hoch populär. Und ein weiteres Mal zeigt sich, dass die Taten der Regierung und der Wille der Bevölkerung völlig auseinander laufen!

Am nächsten Morgen scheint am Himmel eine seltsame gelbe Scheibe und wir wagen (nachdem wir uns von deutschen Mitcampern einige Tipps zu weiteren rumänischen Ausflugszielen geholt haben) eine Wanderung. Zwölf Kilometer lang ist sie wohl (das werden wahrscheinlich ohnehin wieder mehr) und führt uns zur Ruine des „Karpatenschlosses“. Woher ist es bekannt? Zu einem großen Teil aus dem gleichnamigen Roman von Jules Verne. Ich lade ihn mir gleich mal auf mein E-Book und los geht´s! Durch das Dörfchen, hoch den Asphaltweg, über eine steile Wiese und hinein in die endlosen, rumänischen Wälder. Hauptsächlich aus Buchen und Nadelbäumen bestehen sie gefühlt. Und dann kommt auch schon das erste Highlight des Tages! Ein großer Fäkalienhaufen mitten auf dem Weg! Schnell wird fotografiert und unsere „Hermine“ (aka ChatGPT) befragt und was wir ahnen, wird zur Gewissheit. Natürlich ein ursus arctos, ein Braunbär! Gleich darauf wird uns der Regen der vergangenen Tage dann doch noch nützlich, denn in den weichen Matsch haben sich die Tatzen eines hier entlanglaufenden Bären sehr deutlich eingegraben. Sogar die kleinen Löcher der nadelspitzen Krallen vor dem Fußballen sind zu entdecken! Ob wir Bärenspray dabei haben, werde ich am nächsten Morgen via WA gefragt. Haben wir nicht. Aus unterschiedlichen Quellen wissen wir aber, dass Bären damit kaum abzuschrecken sind, überdies überhaupt kein Interesse am Kontakt mit Menschen haben und in den unüberschaubaren Wäldern mehr als genug Platz vorhanden ist, uns aus dem Weg zu gehen. Ein zotteliges Exemplar auch nur von Ferne zu sehen ist also mehr als Zufall. Wir sind mit den zurückgelassenen Spuren trotzdem sehr zufrieden: so nah fühlten wir uns dem Bären noch nie! Und fleißig wird in jede Richtung des Waldes gespäht, ob sich nicht doch vielleicht irgendwo etwas Zotteliges bewegt? 

Zwischendurch haben wir von einem unbewaldeten Hügel aus herrliche Blicke auf Berg und Tal. Und dann geht´s wieder hinein in den Wald und in die Höhe zum zerfallenen Karpatenschloss, das hoch über einer sich durch die Wälder windenden Straße am Fels klebt. Bestens vorstellbar, dass einem kreativen Autoren hierzu die fantastischsten Geschichten einfallen können. Über den Inhalt von Jules Vernes Roman kann ich allerdings erst in einiger Zeit berichten. Aber vielleicht kennt Ihr Euch ja besser aus!

Das Wetter hält übrigens durch und so suchen wir uns für den Rückweg einen anderen Weg, der uns durch Wiesen voller Kolkraben und Fasane, an einer Landstraße und einem Bächlein mit dschungelartigem Farnbewuchs entlang führt. Auch eine Roma-Siedlung durchqueren wir und, obwohl schon oft gesehen, stellt das Ganze für uns doch eine fremde Welt dar. Hier tatsächlich nicht ganz so ärmlich und schmutzig wie anderswo schon gesehen. Trotzdem sind die Hüttchen aus allem zusammengezimmert, was anscheinend gerade so vorhanden war: von Holzbalken und -latten, Wellblech, Rigips und Pressspan ist alles dabei. Dazwischen schicke Autos, Motorroller und Satellitenschüsseln. Abends lernen wir von unserer Campingplatzbesitzerin Anja übrigens, dass der Name Sinti und Roma (der den aussortierten Begriff „Zigeuner“ ersetzen soll) wenig zur neuen Identifikation der Menschen aus einer, sagen wir mal, großen ethnischen Minderheit, taugt. Vielmehr setzt sich diese Bevölkerungsgruppe, die von außen wie etwas Einheitliches erscheinen mag, aus vielen verschiedenen Clans zusammen, die untereinander nicht viel zusammen zu schaffen haben. Bestes Beispiel ist ein Mann, der das kleine „Lädchen“ unseres Platzes (hier gibt´s Regionales und Selbstgemachtes) mit handgefertigten Reisigbesen beliefert. Er wohnt in einem Hüttchen in Nucsoara und nicht in der oben beschriebenen Siedlung. „Warum nicht?“ wollen wir wissen. „Er gehört einem anderen Clan an“, ist die Antwort.

Heute Abend nutzen wir die Außenküche am Platz, kochen selbst und sitzen (während die Zwergohreule ununterbrochen „Yps“ ruft) gefühlt  das erste Mal seit längerer Zeit beim Abendessen nicht unter der Markise, um dem Regen beim Pladdern zuzuhören!

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