DREIZEHN UNTERWEGS
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Auszeit 2025  ·  10. Juni 2025

Tanz auf dem Vulkan

Langes Pfingstwochenende in Rumänien nahe Brasov und nur etwa einhundertfünfundzwanzig Kilometer von Bukarest entfernt, die Sonne scheint! Was plant der rumänische Großstädter gewöhnlich in solch einem Fall? Richtig, raus auf´s Land mit Kind und Kegel, Wohnwagen, Zelt, Grill und Hund! Und der beliebteste, anzufahrende  Ort scheint tatsächlich ein kleines Tälchen am Rande des Nationalparks Pietra Craului zu sein. Hier gibt´s mehrere Campingplätze plus einige eher inoffiziell wirkende, aber ebenfalls mit Campingequipment vollgestellte Wiesen. Wir sind unversehens irgendwie mitten Im Feiertagstrubel gelandet und Campingplatz-Besitzer Stefan findet für jeden neu Anreisenden noch ein Eckchen, es wirkt wie Zauberei nach Art von Harry Potter. Von innen ist der Platz größer als von außen. Wir haben trotzdem Glück, denn dank Anreise schon am Donnerstag haben wir uns einen Top-Platz direkt am Bächlein ergattert, dessen Rauschen so einige der zur Feiertagsstimmung gehörenden Geräusche übertönt. Warum wir trotzdem noch eine Nacht bleiben? Ist ja nicht ganz unspannend, das Ganze. Wir legen also einen gemütlichen Tag ein, erkunden die Gegend entlang des Tals und des Bächleins (das Übliche: fünfhundert Meter laufen und schon trifft man kaum noch Spaziergänger) und besuchen das wirklich leckere Restaurant gleich zweimal: schließlich wollen wir den Feiertag auch ein wenig würdigen! Und endlich, damit niemand behaupten kann, es würde überflüssiges Material im (beinahe) überladenen Camper mitgeschleppt, packe ich meine Aquarellfarben aus und dreimal darf geraten werden, welches Motiv ich zu Papier bringe. Na? Ich sage nur: die bezaubernden Bären vom Transfagarasan-Pass!

Weiter geht´s und wie kann man in der Nähe des Ortes Bran sein und nicht an Transsilvaniens Aushängeschild Nummer eins vorbeischauen? Denken wir uns noch naiv und steuern den DAS DRACULA-SCHLOSS an. Wohlgemerkt am Pfingstsonntag und noch ohne Frühstück im Bauch. Schließlich wollen wir vor den Besuchermassen da sein. Am Rande erwähnt, der hier schon mehr als einmal beschriebene Vlad Tepes III Draculea, Beiname „der Pfähler“ und Vorbild für Bram Stokers „Dracula“ hat hier nie gelebt, angeblich war er mal für drei Tage zu Besuch. Allerdings ähnelt das Schloss in Bran wohl auffällig dem in Stokers Roman beschriebenen Vampir-Wohnsitz und allein diese Tatsache scheint zu genügen, es als Touristenattraktion ohnegleichen zu vermarkten. In Wirklichkeit wurde das Gemäuer im 14. Jahrhundert zum Schutz Transsilvaniens erbaut und diente später als Zollstelle für die Einreise in die Walachei. Zollstellen gibt es heute nicht mehr, dafür darf an den Besucherparkplätzen ordentlich in die Tasche gelangt werden. Siebzehn Lei pro Stunde werden verlangt, das sind etwas mehr als drei Euro und für rumänische Verhältnisse astronomisch! Immerhin sind wir die ersten! Unser Plan: von außen gucken reicht, verschiedene Quellen beschreiben das Innere des Schlosses als nur mittel sehenswert, das Äußere aber ist zugegebenermaßen wirklich prächtig und strahlt Dracula-Grusel aus. Soweit wir es beim Vorbeifahren schon sehen konnten. Denn – und das ist die nächste Überraschung – wenn man die ungefähr dreiundneunzig Schnickschnack-Souvenirbuden passiert hat, steht man vor einem Fallgitter, das nur nach Entrichtung von weiteren vierzig Lei pro Person für die Besucher geöffnet wird. Heißt: ans Schloss selbst kommt man nicht einfach so heran und von hier aus ist nichts zu sehen. Hier ist Schluss! entscheide ich und Jürgen ist völlig meiner Meinung. Genug Touri-Programm, wir gehen frühstücken! In Busteni werden wir fündig und bei Omelette, belegten Baguettes und Lava-Cake verdauen wir das Erlebnis, das an Grusel locker mit Stokers Vampir-Roman mithalten kann. Völlig entspannt gondeln wir danach weiter Richtung Cozieni uns stellen fest: vermutlich sind wir die einzig Entspannten in weitem Umkreis. Ich erinnere: Pfingstsonntag, alles ist auf den Beinen. Oder eher: auf den Rädern. Denn hier gibt es nicht nur Schloss Bran zu besichtigen, sondern auch die Bergwelt des Bucegi-Nationalparks, insbesondere eine Steinformation namens „Sphinx“ – und alles per Seilbahn zu erreichen! So ruhig wir Rumänien bis hierher erlebt haben: nun gibt es das Gegenteil zu besichtigen! Zum Glück (für uns) aber nur auf der Gegenspur! Nahezu dreißig Minuten passieren wir zäh- bis gar nicht fließenden Verkehr und beglückwünschen uns zur Entscheidung, die Wanderung zu den Steinformationen schon am Vortag aus dem Programm gekickt zu haben. Hier waren wir schlauer! Im Programm verblieben war der Besuch einer auf dem Weg liegenden Salzmine. Doch vor Ort angekommen wundern wir uns überhaupt nicht mehr ob weiterer Besucherschlangen, halten nicht einmal richtig an und verschieben den Besuch auf ein anderes Mal ohne Feiertag. Solche Minen gibt es hier tatsächlich mehrere und wir sind gar nicht traurig, am Nachmittag auf einem kleinen, charmanten Campingplatz anzukommen und den (wirklich sehr sommerlichen) Tag gemütlich mit den uns inzwischen gut bekannten, in Ungarn lebenden Holländern ausklingen zu lassen. Die, die uns immer einen Schritt voraus sind. Beim Abendessen schuhuht ein Steinkauz-Paar und in der Ferne heulen ein paar Schakale. 

Pfingstmontag: ab jetzt wird´s menschentechnisch ruhiger, dafür aber umso matschiger. Die Schlammvulkane von Berca stehen auf dem Programm. Noch ist nicht ganz klar, was man sich darunter vorstellen kann. Gas, das aus 3000 Meter Tiefe durch ton- und wasserhaltige Schichten aufsteigt, sich mit Salz, Schwefel und Erdreich mischt spielt auf jeden Fall eine Rolle. Soweit die (eher magere) Theorie. Die Praxis ist dagegen umso spannender! Erste positive Überraschung: die Feiertagswütigen sind immer noch alle in Busteni und Umgebung, denn die Besucherzahl ist hier sehr überschaubar. Zweite Überraschung: wir betreten eine noch nie gesehene, von Kratern und Rissen durchzogene  Mondlandschaft. Dunkelgraue Schlammschlieren fließen zäh über das abschüssige Gelände. „Nicht berühren, der Schlamm ist nicht gesund für die Haut“ und „Nicht in die Vulkane springen, sie sind drei Kilometer tief, wir werden dich nicht mehr finden!“ warnen verschiedene unterhaltsam aufgemachte Tafeln. Außerdem gibt´s noch ein Rezept zum Bau eines eigene Schlammvulkans für den Hinterhof: man benötigt nur Steine, Wasser, Salz, natürliche Gase und ein paar Millionen Jahre. Wir haben zwar viel Zeit, so viel aber dann doch nicht und so begnügen wir uns damit, die Schlammvulkane zu bestaunen. Und: für mich rangieren sie seit heute in meiner Favoritenliste gleich hinter den Bären! Runde Pools von wenigen Zentimetern bis zu über zwei Meter Durchmesser haben sich im Untergrund gebildet, die mit einer zähflüssigen, dunkelgrauen Masse gefüllt sind. Wie in einem Topf mit Grießbrei bilden sich in unterschiedlichen Frequenzen dicke Blasen, die mit einem lauten Blubb-Geräusch platzen. Langsam fließt die Masse bergab, wie bei den bekannten Magma-Vulkanen. Hier allerdings handelt es sich um kalte Vulkane. Was für ein spannendes Naturphänomen! Ein paar Kilometer weiter gibt es noch ein Vulkanfeld und da man von Schlammvulkanen ja nie genug bekommen kann peilen wir es gleich noch an. Aber das rumänische Wetter wie wir es kennengelernt haben wäre nicht das rumänische Wetter wie wir es kennengelernt haben, wenn es nicht mindestens einmal am Tag die Himmelsschleusen öffnen würde. Heute gibt es sogar einen pechschwarz-schwefelgelb gefärbten Himmel dazu, der unseren Vulkan-Fotos noch eine Extra-Portion  Dramatik einhaucht. Inklusive durch Windböen aufgewirbelte Staubteufel! Was will man mehr? Nicht viel, außer mit einsetzendem Regen ein trockenes Plätzchen. Und das findet sich in Form eines netten, kleinen, sehr traditionellen Restaurants am Einstieg zum zweiten Schlammvulkanfeld. Ein kleiner Kaffee, bis der Regen vorbei ist? Die Speisekarte wird trotzdem vorsorglich bereitgelegt und wir wehren uns nicht sehr gegen ein spätes Mittagessen. Oder frühes Abendessen. Egal. Hauptsache lecker mal wieder! Und zum Nachtisch gibt´s für mich (wie übrigens für jeden hier und überall) die allgegenwärtigen, herrlichen Papanasi. Wer´s noch nicht mitbekommen hat: donutförmige Krapfen frisch ausgebacken mit Sahne und saisonaler Marmelade!

Schlammvulkane die Zweite, Sonderedition “nach dem Regen“ mit Schlamm nicht nur im Vulkan sondern ÜBERALL! Wir kämpfen uns den durchgeweichten Pfad nach oben, weichen einer uns entgegenschlitternden Frau aus, geben irgendwann den Versuch auf, die zahlreichen Matschpfützen zu umgehen und finden uns oben mutterseelenallein in einer beinahe surrealen Vulkanlandschaft wieder. Warum das hier die „kleinen Schlammvulkane“ sind erschließt sich nicht. Definitiv sind es mehr, noch dazu dichter beieinander und an Größe halten sie locker mit den anderen mit. Was wir allerdings beobachten können: der Schlamm scheint flüssiger zu sein. Die Blasen blubbern zahlreicher und schneller, fast wirkt es wie ein graubrauner Whirlpool. Aber wir haben ja gelernt: nicht hineinspringen! Und selbst wenn wir wollten: die zentimeterdicke Matsch-Schicht an unseren Schuhen würde uns ohnehin daran hindern! Jürgen läuft barfuß in Crocs, ich in den Trekkingschuhen und bis zum Schluss wird nicht klar, wer die bessere Wahl getroffen hat. Der extrem glitschige Abstieg hindert uns daran, die Frage final auszudiskutieren und sind am Ende einfach nur froh, nicht auch noch ausgerutscht zu sein und doch noch wie ein Schlammvulkanspringer ins Auto steigen zu müssen!

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