Rumänien beginnt und endet für uns mit einem Fahrradschloss und einem Datum. Wer erinnert sich noch an den „Uhu-Campingplatz“ (und an die Tatsache, dass wir die Plätze nach Ereignissen betiteln, um den Überblick nicht zu verlieren?)? Hier bekamen wir den ersten Eindruck von der Unkompliziertheit rumänischen Campens. Ein Telefonanruf, eine Zahlenkombi für´s Schloss und schon konnte es losgehen. Zugegeben: der letzte Platz wartet mit deutlich weniger Charme auf als alle anderen davor. Wäre er der erste gewesen hätte ich vor Rumänien wahrscheinlich ein wenig Angst bekommen. Hier stellt der Besitzer seine ausrangierten Autos und Wohnwagen ab und hat zumindest durch eifrige Bastelei versucht, ein wenig Campingstimmung aufkommen zu lassen. Im Endeffekt stolpert man aber eher über lose Platten, ausgelegte Campingteppiche und einen kleinen Hund, der hier anscheinend dauerhaft installiert ist. Einen Stern gibt´s für die Bemühungen, einen zweiten dafür, dass frische Erdbeeren aus dem Garten vorbeigebracht werden. Immerhin! Und immerhin funktioniert hier das gleiche System wie beim „Uhu“: Anruf, Zahlenkombi, los! Und was war nun mit dem Datum? Am 13. Mai überquerten wir die Grenze nach Rumänien, am 13. Juni werden wir, so der Plan, Rumänien Richtung Moldova verlassen. Wenn das kein gutes Omen ist! Ein kompletter Monat Rumänien liegt also hinter uns und wir hätten selbst nicht geglaubt, solange hier „festzuhängen“. Wer mitgelesen hat (und auf diese Weise ein bisschen mitgereist ist) kennt unsere Erfahrungen mit dem für uns nagelneuen Land und kann sicher unsere täglich wachsende Begeisterung über großartige Naturerlebnisse, offene und freundliche Menschen und spannende Kultur, über ein wildes und ursprüngliches Land bestens nachvollziehen. Der ein oder andere, wie wir wissen, steckt sogar schon selbst in der Planung zu seinem eigenen Rumänien-Abenteuer. Zuweilen berichten uns andere Reisende von erschrockenen Reaktionen aus ihrem Umfeld: „Rumänien? Ist das nicht GEFÄHRLICH???“ Nein, ist es nicht! Andrea, unser Schweizer, hat sich eine Standardantwort überlegt: „Wieso, die kriminellen Rumänen sind doch alle in Deutschland!?“
Bevor nun also unser persönliches Rumänien-Abenteuer zu Ende ist (das Herz blutet ein wenig, aber weitere Abenteuer werden folgen) nehmen wir auf dem Weg zur Grenze noch die seltsamen Steinformationen von Ulmet mit (und haben mal wieder einen – nein, drei- Hunde) und einen weiteren charmanten Campingplatz (bevor wir auf dem Autoabstellplatz landen). Auf diesem Platz werden wir von Rumänin Valentina, ihrem deutschen Mann Klaus, mit dem obligatorischen Palinca und (mal was Neues) Tannennadelschnaps der Hausherrin begrüßt. Wir schlafen quasi im weitläufigen Garten ihres Hauses und die hier völlig übliche Außenküche ist besonders hübsch! Mit im Haus wohnt Valentinas demente Mutter, die mit ihrer geraden Haltung und der zarten Figur körperlich viel jünger wirkt als sie ist. Am späten Abend setzt sie sich zu uns an den Tisch und obwohl spürbar ist, dass sie die Ereignisse der Gegenwart nicht mehr zielgerichtet sortieren kann, erfahren wir im Laufe des Abends ein rumänisches Frauenleben mit allen Höhen und Tiefen: die Vergangenheit ist greifbar!
Targu Ocna, Trotus-Bergwerk: Rumäniens drittgrößtes Salzbergwerk, dieser Ausflug wurde uns noch von Platzbesitzer Klaus ans Herz gelegt. Über 100 000 Tonnen Salz werden hier pro Jahr gewonnen und zusätzlich verfügt es in 280 Metern Tiefe über die landesweit größte Behandlungsanlage für Atemwegserkrankungen. Spannend ist, dass die Patienten in der trockenen, mineralischen Luft nicht einfach nur „ausruhen“, sondern sich für einen besseren Effekt (und vermutlich auch für weniger Langeweile) körperlich betätigen können. Nachdem uns ein Bus über etliche Serpentinen in die Saline hinuntergebracht hat, bekommen wir selbst einen Eindruck von dem Ganzen. In gigantischen Hallen mit salzdurchzogenen Wänden, die nach oben nahezu in der Dunkelheit verschwinden, wurde sozusagen eine Kleinstadt errichtet: es gibt einen Spielplatz, eine Go-Kart-Bahn, Picknickareale, Cafes, Fitnessbereiche mit den passenden Geräten, Billardtische und sogar eine Kirche. Alles unter Tage in fast schon surreal anmutender Atmosphäre. Wer sich genug ausgetobt hat, wird in einer Ausstellung über den Salzabbau in Rumänien informiert und – natürlich – kann im passenden Souvenirlädchen vom Salzstreuer bis zur Salzlampe alles gekauft werden. Wir halten uns zurück: das überladene Auto, Ihr wisst schon! Tragische Geschichte am Rande: diese Nutzung eines Salzbergwerks ist in Rumänien keineswegs einzigartig, es gibt mehrere davon. Just am Wochenende, das wir bei Denes und seiner Frau verbrachten, wurde die sich dort in der Nähe befindliche Saline durch den anhaltenden Regen und das dadurch entstandenen Hochwasser völlig zerstört. Infolgedessen kam es wiederum zu Hamsterkäufen im Salzsektor, in der entsprechenden Region waren die Regale in den Supermärkten wohl völlig leergefegt. Jürgen und ich können nach Besuch in unserer Salzmine allerdings berichten, dass die Salzvorräte Rumäniens wohl noch einige Zeit gesichert sind.
Und da sind wir wieder: nach einigen Fahrstunden Richtung Osten auf einem etwas seltsamen Campingplatz. Warum wir hier sind? Die Karpaten, die sich wir ein Bogen in die Mitte Rumäniens kauern, liegen hinter uns. Im Osten wird das Land flach und ist von allerlei Landwirtschaft geprägt. Heißt für uns: die einsamen Plätze zum wild campen sind hier eher nicht zu finden. Also: es muss ein Campingplatz her, wenn es auch ein nicht ganz so schmucker ist. Der Ausblick über die Felder ist zumindest nostalgisch rumänisch: Großvater, Enkeltochter und schwarze Kuh auf dem Weg nach Hause. Opa führt das Tier an einem Strick, der um die Hörner gebunden ist und sobald es das Weitergehen verweigert folgt der Arbeitseinsatz des Mädchens: ein herzhaftes Klatschen auf die Flanke und weiter geht´s! Adrian, der Besitzer des Camps ist immerhin ein Spaßvogel, bringt (wie erwähnt) Erdbeeren vorbei und werkelt mehrere Stunden mit seiner Motorsense in abgelegeneren Teilen seines Grundstücks. Außerdem wird ein bestialisch stinkendes Feuer entfacht. Zuerst nehmen wir an, er verbrenne seinen Grasschnitt. Aber gleich mehrere Stunden am Stück? Jürgen fragt irgendwann mal nach und findet Adrian, gemütlich an seinem Feuerchen sitzend. Was er denn da verbrennt? Irgendwas Unerklärliches, aber es wäre gut gegen die Moskitos. Die allerdings tauchten nur kurz in der Dämmerung auf und sind vermutlich auch ohne sein Nachhelfen längst über alle Berge. „Drum bun“ wird es morgen heißen, was man mit „guten Weg“ übersetzen kann und ein geläufiger Abschiedsgruß ist.
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Reinhard Wiorkowski (Freitag, 13 Juni 2025 13:02)
Tschüss Rumänien,das ihr so farbig,hautnah,ursprünglich und einzigartig erlebt und uns geschildert habt. Herzlichen Dank .Drum Bun!! Wios.