DREIZEHN UNTERWEGS
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Auszeit 2025  ·  30. Juni 2025

Natur pur im Park der (nicht) blauen Steine

Heute Morgen gibt´s Nostalgie-Programm. Und zwar in einem kleinen Piraten-Städtchen namens Nessebar, in dem Jürgen zwar noch nicht, ich dagegen schon einmal gewesen bin. Zugegebenermaßen habe ich nicht viel Erinnerung daran. Dass ich mir den Finger im Klapptisch des Fliegers eingeklemmt habe, dass es unglaublich leckere, quietschbunte Getränke gab, dass die Wellen des Sandstrandes einem übel mitspielen können und dass auf ebendiesem Strand ein Piratenschiff mit den erwähnten Getränken stand – das ist so ungefähr das, was mir noch in Erinnerung geblieben ist. Denn das Ganze spielte sich 1977  ab (na, wer kann mein Alter damals ermitteln?) und damit noch zu kommunistischen/ DDR-Zeiten mit vermutlich einem Teil entsprechender Klientel. Zumindest lassen die Bilder, die mein Vater mir von diesem Urlaub zukommen lässt, deutlich darauf schließen, dass auch in den Siebzigern die goldgelben Sonnenstrände Bulgariens heiß frequentiert waren. Das ist achtundvierzig Jahre später nicht anders und die auf einer Landzunge liegende, kopfsteingepflasterte und von malerischen Ruinen und Gebäuden aus byzantinischer Zeit geprägte Altstadt zieht natürlich die Massen ebenfalls an. Und da so langsam aber sicher die touristische Hauptsaison in Schwung kommt, fahren wir unser mehrfach erprobtes und bestens bewährtes Konzept: früh raus aus den Federn und mit leerem Magen hinein ins Vergnügen! Auf dem altstadtnahen und erstaunlich fair bepreisten Parkplatz ergattern wir die vorletzte Lücke, werten das als Glücksgriff und schlendern kurz darauf durch die schnuckeligen Gässchen. Souvenirlädchen mit dem immergleichen Schnickschnack sind natürlich auch hier vorhanden, der Rest ist aber wirklich sehenswert!

Wir frühstücken in einem pittoresken, kleinen Küstencafe und machen uns anschließend auf die Suche nach den Fotospots der 1977er-Fotos. Der Trinkbrunnen ist nicht mehr zu finden, dafür aber ein Sträßchen mit den typischen Holzbauten. Und natürlich muss das Limoflaschenbild auf der Kaimauer nachgestellt werden. Allerdings bin ich schlecht vorbereitet und habe die passenden Accessoires nicht griffbereit. Sonst wäre vermutlich kaum ein Unterschied zu entdecken…

Der weitere Plan (wir sind ja noch früh dran) sieht Folgendes vor: entspanntes Brausen über die Autobahn Richtung Plowdiw im Innenland, Abholung der neuen Drohne bei DJI und (ein weiteres Nostalgie-Element) Übernachtung auf dem ukrainischen Campingplatz im wenig malerischen Vorort Plowdiws. Hier landeten wir auch schon 2019. Ein Ukrainer stellte uns damals seinen Vorgarten inklusive „Retro-Toilet“ (aka Plumpsklo) zur Verfügung und bestens in Erinnerung blieb uns vor allem seine gesprächige Tochter Lisa, die sich selbst als größten Rammstein-Fan aller Zeiten betitelte. Das Dracula-Hörbuch übrigens war fast zeitgleich mit dem Überqueren der rumänisch-bulgarischen Grenze zu Ende gehört, darum wurde das Begleitprogramm für lange Autofahrten passend aktualisiert. Eins der Ziele schon anvisierend wählen wir „Das mangelnde Licht“ der georgischen Autorin Nino Haraschwili und tauchen sogleich ins Hinterhofleben von Tbilisi ein. Derweil steigt die Temperaturanzeige am Armaturenbrett in ungekannte Höhen. Lange steht sie bei knapp unter vierzig Grad, um bei der Anfahrt auf Plowdiw auf einundvierzigeinhalb Grad zu klettern. 

In diesem Fall hatten wir, was wir selten tun, die Klimaanlage laufen und als wir am frühen Nachmittag auf dem Gelände von DJI aus dem Wagen klettern, begrüßt uns der Wüstenwind. Ein Hauch wie aus dem Backofen und es kommt uns sehr gelegen, dass in den Verkaufsräumen nicht nur Drohnen (in allen beeindruckenden Größen) verkauft werden, sondern der zweite Partner anscheinend auf Klimaanlagen spezialisiert ist. Und diese offensichtlich auch benutzt. Vielleicht zum Leidwesen einer sichtlich erkälteten Angestellten, die sich ununterbrochen die Nase putzt. Ansonsten läuft alles wie am Schnürchen: die Drohne ist schnell inspiziert, Zusatzakkus gibt´s noch dazu und schon treten wir wieder hinaus in die Höllenglut. Stadtbesichtigung im Backofen Plowdiw und anschließend auf dem vermutlich nicht minder glühenden, staubigen, ukrainischen Hinterhof übernachten? Hört sich nur mittelmäßig attraktiv an und so werfen wir das Programm erneut um und folgen einem Tipp von Esther und Roel aus Ungarn/Holland (getroffen auf dem Sighisoara-, dem Halligalli- und dem Vulkan-Campingplatz) und peilen einen Platz in den grünen Hügeln bei Sliven und dem Blue-Stone-Nature-Parc an, noch einmal etwa zwei Stunden rückwärts Richtung Schwarzmeer. Was soll man auch sonst machen bei solchen Temperaturen? Der Platz ist grün und weitläufig und es herrschen lediglich erstaunliche 

neunundzwanzig Grad. Wer allerdings ebenfalls herrscht sind Mitglieder des von mir so benannten TTT-Club: Tiefergelegte-Testosteron-Tuner. Lauter Herren mit tiefergelegten Karren und lauter Bumbum-Musik. Anscheinend findet (es ist mal wieder Wochenende- so eine Überraschung!) ein Treffen statt. Da wir nicht tiefer- sondern höhergelegt sind ergreifen wir die Flucht. Und erklimmen dank dieser Tatsache den nächsten Hügel. Hierher können die Tuner uns nicht folgen! Was wir hier oben finden, ist einer der hübschesten Schlafplätze, die man sich vorstellen kann! Mit Blick über die grünen Hügel und Felszacken, der grandiose Sonnenaufgang findet direkt vor dem Abendbrottisch statt! Und da wir dank Großeinkauf und entsprechendem Camperausbau völlig autark sind wird dies unser Refugium für die nächsten drei Nächte!

Was sofort auffällt: auf der uns umgebenden Blumenwiese ist (im positivsten Sinne) die Hölle los! Wir können nicht einmal wirklich abschätzen, wie viele verschiedene Schmetterlingsarten hier von Blüte zu Blüte flattern! Darum gibt´s in der Bildergalerie einen Teil davon zu sehen. Die Natur scheint hier, zumindest in unserer Beobachtung, intakt und vielfältig zu sein. Und das liegt vermutlich schlicht und einfach an der Tatsache, dass die Menschheit nicht anwesend ist. Wilde Müllkippen und damit nicht überall vorhandenes Umweltbewusstsein ist hier schon auch vorhanden (allerdings nicht so schlimm wie in manchen anderen Balkanstaat), allerdings punktuell, was es natürlich nicht besser macht. Aber zum größten Teil hat die Natur ihre Ruhe und – Überraschung – braucht uns nicht, um zu blühen und zu flattern! Wir sind begeistert und haben viel zu entdecken und zu fotografieren. Auch die Temperaturen sind angenehm, abends muss sogar das Jäckchen wieder hervorgekramt werden. 

Am dritten Morgen neigen sich Wasser und Vorräte langsam dem Ende (die Batterie spielt Dank Solarpaneel bestens mit) und so wagen wir uns zurück in die Zivilisation. Oder zumindest in etwas, das der Zivilisation nahekommt. Denn über etliche Rumpelpisten ist eine Quelle zwar schnell gefunden, nicht aber ein Dorf mit Lädchen. Alle Häuseransammlungen wirken recht ausgestorben, teilweise unbewohnt und nach Sliven hinunter wollen wir nicht fahren. Irgendwann entdecken wir eine Familie am Straßenrand. „Supermarkt?“ fragen wir. Hier nicht, lautet die Antwort des freundlichen junges Mannes nach Abstimmung mit der ihn begleitenden Oma. Im nächsten Dorf aber, kein Problem. Sind nur sieben Kilometer. Ach ja, meint er, kurz bevor wir weiterfahren, wenn nicht dort, dann einfach noch ein Dorf weiterfahren. Und muss selbst lachen. Und natürlich finden wir keinen Laden. Nun haben wir aber keine Lust, weiter zu suchen, der Tag ist zu schön und eine Wanderung zu den blauen Steinen steht auf dem Programm. Die überhaupt nicht blau sind, sondern grau bis rötlich mit gelben und grünen Flechten. Warum der Park trotzdem so heißt? Die Gründe sind eher poetisch und atmosphärisch als geologisch, lese ich nach. Schon seit Jahrhunderten sprechen die Einheimischen von den „blauen Felsen“, was sich in vielen Legenden und Geschichten widerspiegelt. Außerdem erscheint das Gestein aus der Ferne bei bestimmten Lichtverhältnissen, vor allem abends und morgens, bläulich schimmernd. Das liegt wohl an der Streuung des Lichts, ähnlich wie beim blauen Himmel. Wir entdecken außer dem besagten Himmel nichts Blaues, doch auch ohne ist dies eine abwechslungsreiche und lohnende Wanderung. Steil geht es hinab durch Wälder aus knorkeligen Traubeneichen, vorbei an mehreren Wasserfällen. Immer wieder lichtet sich das Grün und gibt den Blick frei auf die an Vietnam erinnernden dreieckigen, grünen Hügel und die malerischen Felszacken dazwischen. Weniger malerisch im Tal ist der Ort Sliven mit seinen schon von hier oben erkennbaren Wohnghettos. Highlights der Wanderung sind: ein Käfer namens Moschusbock, eine tote Hornviper, natürlich der berühmte Felsring und – ganz am Ende – der sich über die ganze Landschaft erhebende felsige  und von uns erkletterte Bergrücken. Aussicht nach allen Seiten! Zeit für Picknick! Und für einen Flug mit der neuen Drohne. Doch während wir noch abwägen, ob das Gerät wohl mit der Windstärke zurechtkommt, zieht ein Schwarm Mauersegler laut zwitschernd über unseren Köpfen dahin. Wahrscheinlich schon wieder im Angriffsmodus! Das wagen wir nicht! Und so bleibt die Drohne in der Tasche. Zufrieden können wir trotzdem sein, denn wie zum Trost dreht kurz darauf ein Gänsegeier-Paar seine Kreise über dem Tal! Und um diese festzuhalten reicht die Kamera aus!

Übrigens: trotz nicht gefundenem Lädchen musste natürlich niemand hungern! Aus Linsen, Reis und Tomaten lässt sich immer noch ein akzeptables Süppchen zaubern. Und mit leicht angetrocknetem, aber mit Olivenöl und Knoblauch aufgemöbelten und angebratenem Weißbrot ist das Ganze fast ein Festessen! Inklusive dem obligatorischen, spektakulären Sonnenuntergang!

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