Swanetien, das Land der Wehrtürme und der verrückten Geschichten! Wir sind bereits zum zweiten Mal hier, denn Swanetiens Magie lässt uns nicht los! Doch diesmal ist der Plan ein anderer: 2019 ließen wir uns der schlechten Rumpelpiste zwischen Mestia und Ushguli wegen mit einem Jeep ins Bergdorf bringen. Dieses Jahr erarbeiten wir uns die wilde Gegend in einem viertägigen Wandertrip von Gästehaus zu Gästehaus. Wie jeder weiß: es ist Sommerferiensaison und die ist bekanntlich überall eher trubelig. Wie wird Swanetien uns empfangen? Die Erinnerungen in unseren Köpfen zeigen entspannte Örtchen, viel Raum für unsere eigenen Entdeckungen, nette Begegnungen mit den wenigen Gästen, viel Magie, spannende Geschichten und ein hügeliges, rot-gold-orange flammendes Blättermeer bis zum Horizont! Ob es wohl eine gute Idee ist, diesen Zauber durch einen weiteren Besuch (in der Hauptsaison!) zu stören? Punkt eins: in Mestia angekommen zeigt sich – immer noch entspannt, trotz ein paar mehr Besuchern, gerne aus dem asiatischen Teil der Welt, aber viel überschaubarer als angenommen. Punkt vier bis sechs (zu den anderen komme ich gleich): die Bäume sind zwar diesmal grün, Magie und Geschichte sind natürlich trotzdem nicht verschwunden. Und wer Blog 2019 nicht gelesen hat, sei hiermit kurz und knackig in Swanetiens Wehrturm-Vergangenheit eingeführt. Sehr erstaunt waren wir nämlich über die Anzahl der hier befindlichen, historischen Türme, 175 Stück sollen es sein, gebaut zwischen dem 9. Und dem 13. Jahrhundert. Doch wozu? Der übliche Schutz gegen die nicht abreißenden Übernahmen von osmanischer oder russischer Seite? Hier nicht unbedingt nötig, denn die Region liegt so abgeschieden, dass sie niemals wirklich von fremden Herrschern unterworfen wurde. Allein die nahen, an der Grenze zu Russland liegenden Gebirgsketten erreichen Höhen von bis zu fünftausend Metern. Am höchsten der 5193 Meter hohe Schchara mit seinem berühmten Gletscher, der den mächtigen Fluss Enguri bildet. Sollten die Türme dem Schutz vor Lawinen gelten? Wäre möglich, ihr Hauptzweck bestand (neben der Beobachtungs- und Statussymbolfunktion – jede Familie besaß einen eigenen) allerdings darin, sich im Falle von anscheinend sehr häufig vorkommenden Fehden zwischen den verschiedenen Clans verstecken und schützen zu können. Gründe für die dauernden Streitigkeiten konnten sein: Ehrverletzungen, Tötung eines Clanmitglieds, Land- und Besitzstreitigkeiten, Entführungen und erzwungene Ehen. Gerade zu letzterem wurde vor rund zehn Jahren eine wahre Geschichte im und aus dem Dorf Ushguli verfilmt, die im Jahre 1992 spielt und sowohl in Ushguli als auch in Mestia mehrfach pro Tag zu sehen ist. Die swanetischen Clan-Streitigkeiten zogen sich übrigens bis in die frühen 2000er-Jahre und wurden endlich in einem großen Aufwasch ziemlich brutal, aber immerhin nachhaltig zerschlagen. Die Wehrtürme stehen natürlich immer noch und sorgen für oben genannten Zauber und Magie. Zu unserer großen Freude existiert auch das Restaurant Laila in Blickweite des gleichnamigen, über viertausend Meter hohen Berges noch. Allein schon wegen des Namens und der zu erwarten leckeren Speisen kehren wir natürlich dort ein! Nette Geschichte am Rande: das Personal des Restaurants trägt ein T-Shirt mit dem Namen des Lokals auf der Vorderseite und einem Umriss der georgischen Staatsgrenzen auf der Rückseite, inklusive der Aufschrift: „20% of my country is occupied by russia“. Was eine sehr deutliche Anspielung auf die abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien ist. Schon 2019 hatte ich nachgefragt, ob ein solches Shirt wohl zu verkaufen sei. Die Antwort damals war allerdings: „Leider nein, nur für Personal.“ Trotzdem frage ich dieses Mal wieder bei einer besonders netten und Deutsch sprechenden Kellnerin (Studium in Karlsruhe) nach und – oh Wunder – kein Problem! Schnell läuft sie nach drinnen und bringt das einzige verbliebene „Laila-Shirt“ (zwar in Größe M, doch was macht das schon?). Ich bin außer mir vor Freude, das uns begleitende österreichische Lehrer-Ehepaar vom Campingplatz ebenfalls. Was das tolle Stück denn kosten solle, frage ich. Nichts, meint sie, Geschenk des Hauses! Weil es so gut zu meinem Namen passt! Kann man sowas in Deutschland erleben?

Und nun, wahrscheinlich warten alle schon gespannt, kommen wir zu Punkt zwei und drei: die Entdeckungen und die netten Begegnungen. Ab hier entwickelt sich eine neue und völlig eigene Magie! Denn die nächsten vier Tage bleibt unsere treue „13“ auf dem kleinen Campingplatz in Mestia (der übrigens die Nummer 13 trägt und allerlei Getier beherbergt), während wir auf Schusters Rappen die sechsundfünfzig Kilo- und zweitausendsiebenhundert Höhenmeter nach Ushguli zurücklegen! Was macht den Zauber aus? Natürlich die unglaublich ausgesetzte und einsame Landschaft zwischen grünen Bergflanken, schroffen Gipfeln bis zum Himmel, weißen Bergspitzen, Gletscherausblicken, überall in die Tiefe schießende Bächlein, die breiten Gletscherströme des Mulkhra und des Enguri und – und hier entsteht eine ganz eigene Dynamik – die Wanderer auf unserer Tour, die alle denselben Weg gehen und dasselbe Ziel im Auge haben! Denn die vier Etappen enden jeweils in einem anderen Bergdorf (mehr davon gibt es einfach nicht), in dem in den Gästehäusern übernachtet werden kann. Was bedeutet: die tatsächlich und erfreulicherweise doch ziemlich überschaubare Anzahl Wanderbegeisterter (unser türkischer Freund Remzi würde sich über die Vokabel freuen) beinhaltet natürlich vier Tage lang dieselben Nasen, denen man immer wieder begegnen kann. Und die sich, je nachdem, welches Gästehaus gebucht wurde, jeden Abend wieder neu mischen. Die Stimmung auf dem Weg ist entspannt, begeistert, gut gelaunt und freundlich. Und mitnichten steht man sich gegenseitig auf den Zehen. Auf den Tagesabschnitten verteilen sich die Leute je nach Lauftempo und Startzeit sehr schnell und man hat immer die Wahl, freundlich grüßend zu passieren (oder passieren zu lassen) oder sich auf ein nettes Schwätzchen einzulassen. Was dringend empfohlen ist, denn am Ende der vier sehr intensiv erlebten Tage haben wir mehr als einen neuen Freund gewonnen – gemeinsame Erlebnisse verbinden.
Wir starten an Tag eins im frühen Morgengrauen in Mestia (Hitze ist versprochen), nehmen in einem netten Cafe ein überraschend großes und vor allem ungeplantes Frühstück zu uns (der erste Stopp nach einskommafünf Kilometern – das kann ja heiter werden) und besteigen die unerwartet steilen Bergpfade oberhalb von Mestia.
Der zweite Stopp folgt bereits kurze Zeit später auf einer kleinen Hochebene mit Blick auf den verschneiten Tednul-Gipfel. Eigentlich nicht nötig, doch hier werden von einem jungen, georgischen Mädchen höchst appetitliche selbstgemachte Joghurts, Obstsalate und Melonenschnitze angeboten. Soviel Einsatz muss natürlich belohnt werden und mit grandiosem Ausblick fühlt sich die Wanderung bis hierher völlig entspannt an. Beim Abstieg ins liebliche Mulkhra-Tal sorgt ein deutsches Mutter-Sohn-Gespann für ein wenig Aufruhr, indem die Behauptung aufgestellt wird, alle würden sich auf dem falschen Weg befinden. Eine junge Australierin und ich schauen unseren auf dem „falschen Weg“ verschwundenen Ehemännern hinterher, beschließen, ihnen trotzdem vertrauensvoll zu folgen und lassen die Deutschen auf dem „richtigen Weg“ weiterziehen. Der sich – wenig überraschend – einfach nur als Variante herausstellt. Trotzdem werden wir – Spoiler! – beim Wiedersehen am nächsten Abend besorgt mit „Wir haben Euch schon vermisst!“ begrüßt. Aber so schnell gehen wir nicht verloren!
Den Rest der Tagesetappe wandern wir mit Jess und Declan (dem Mann mit dem Bananenhut) aus Australien den Mulkhra-Fluss entlang, queren eine sehr erfrischende Furt, finden einen grünen See und freuen uns beim Anstieg ins erste Dorf Zabeshi auf eine Dusche. Und natürlich auf ein leckeres, georgisches Abendessen. Sehr herzlich werden wir von der älteren und ziemlich resoluten Chefin unseres Gästehauses begrüßt (die Australier haben eine andere Unterkunft gebucht) und unsere Erwartungen an das Dinner werden nicht enttäuscht! Am großen Tisch sitzen an diesem Abend dreizehn(!) hungrige Wanderer: zwei Neuseeländer, ein Mexikaner, ein Paar aus Spanien, eine amerikanisch-französische Familie mit georgischem Guide und vier Deutsche. Was wurde „geschafft“? Achtzehneinhalb Kilometer und sechshundertvierzig Höhenmeter.
Tag zwei: der Blumenpart. Die Tagesetappe fühlt sich inmitten von grünen Almwiesen, weiten Ausblicken auf schroffe Bergflanken und einer Unmenge Blumen sehr entspannt an. Am Himmel entdecken wir Adler, im Gebüsch singt ein uns bis dato unbekannter, dafür umso prächtigerer Karmingimpel und am Nachmittag erreichen wir Adishi. Ein zwischen die Berghänge gequetschtes, abgeschieden wirkendes kleines Dörflein. Inklusive der obligatorischen Wehrtürme. Unser Quartier spannt sich wie eine Brücke über ein holpriges Kopfsteingässchen und ist nur via Leiter erreichbar.
Kaum sind wir oben angekommen bricht ein krachendes Gewitter los! Was für ein Glück haben wir mal wieder! Auch hier wird - anscheinend ist das üblich – auf vielen Tellern und Platten ein leckeres Dinner am großen Tisch serviert. Jeder kann sich bedienen, wie er möchte, es gibt keine Speisekarte. Genauso gefällt es mir! Um die Tafel sitzen: ein Paar aus Rosenheim, ein in Flip Flops wandernder Bursche aus Los Angeles und wir. Ein junges Paar aus Wien (die Mutter des Mädchens hatte sie mit der Aussage, Georgien wäre „ganz nett“ auf Reisen geschickt) hat lieber in der Küche der Unterkunft selbst gekocht. Auch das ist möglich. Allerdings eigentlich nicht nötig. Denn für unschlagbare dreißig Euro pro Person gibt es hier in jeder Unterkunft ein dickes Abendessen, ein reichhaltiges Frühstück, ein Lunchpaket und natürlich die Übernachtung. Und man muss keine Lebensmittel schleppen. Denn Läden sind hier oben nicht zu erwarten! Unser heutiges Workout? Elf Kilometer , achthundertneunzig Höhenmeter nach oben und vierhundertzehn nach unten.
Tag drei: für mich der spektakulärste Tag und insgesamt der längste Abschnitt. Regen ist angesagt, der jedoch (wieder Glück!) nicht wirklich kommt. Der Himmel ist teilweise bedeckt, teilweise blau und die Wandertemperatur mehr als angenehm. Das erste Highlight erfolgt schon nach etwa drei Kilometern, die durch ein saftig-grünes Tal am Fluss Adishi aufwärts gewandert wurden. In Sichtweite der Adishi-Gletschers, der eiskaltes Wasser in einem gar nicht mal so kleinen Strom abgibt. Und genau dieser Strom (der erwähnte Adishi) muss hier überquert werden. Allerdings fehlt die Brücke und die Fluten sind stark und tief genug um einen Sturz zu provozieren. Wandern in nasser Klamotte? Lieber nicht, haben sich nicht nur die Wanderer, sondern auch die Einheimischen gedacht. Und stehen mit ihren gesattelten Pferden am Ufer bereit. Umgerechnet acht Euro pro Flussquerung auf dem Pferderücken. Für hiesige Verhältnisse richtig happig, zumal der ganze Spaß in fünfzehn Sekunden erledigt ist. Ich denke aber: warum sollen die Leute nicht ein wenig Geld verdienen mit Reisenden, die ihr schönes Land besuchen? Viel haben sie ja meistens ohnehin nicht und ich (und Jürgen ebenfalls) finde es durchaus richtig, der Bevölkerung immer etwas dazulassen. So handeln übrigens fast alle (ein paar wenige meinen, sich in Unterwäsche durch die Fluten pflügen zu müssen) und der Spaß dabei ist nicht zu übersehen. Wenig Spaß hatte wohl als einziges Jürgens Pferd. Wahrscheinlich ein wenig zu schwer und mit Sicherheit mit einem Fuß nicht richtig im Steigbügel fühlt es sich für das Tier anscheinend auf dem glitschigen Untergrund im rauschenden Wasser nicht richtig sicher an und es muss mehrfach motiviert werden, seinen Reiter ans andere Ufer zu bringen. Doch alles glückt und mein Pferd wiederum überquert den Fluss in nullkommanichts und völlig leichtfüßig.
Das eigentliche Abenteuer findet aber am nur wenige Meter entfernten Seitenbach statt. Hier muss selbständig gewatet werden und das eiskalte Wasser ist für manch einen eine große Herausforderung. Jürgen (der Held) quert zweimal: einmal mit Gepäck, das andere Mal, um mich an seiner Hand hinüberzugeleiten. Schmacht! Ganz so heldenhaft ist nicht jeder. Eine von zwei asiatischen Freundinnen traut sich minutenlang nicht ins Wasser, obwohl die andere sie vom bereits erreichten sicheren Ufer aus lautstark motiviert. Ein junger Spanier wird um Hilfe gebeten, doch er lehnt ab: „Too cold!“ Mit dem Heldentum ist es hier nicht so weit her und der eigentliche Held (Jürgen) reitet (nein, marschiert) irgendwo in den Sonnenuntergang. Auf jeden Fall ist er nicht mehr zu sehen. Und so bleibt der Asiatin nichts anders übrig, als mit zwei Ästen bewaffnet, ihr Glück allein zu versuchen. Und es zu schaffen! Helden überflüssig.
Meinen Helden finde ich etwas später weiter oben am Berg in sagenhaften zweitausendachthundert Metern Höhe, wo der Ausblick auf den Adishi-Gletscher von oben noch ein wenig spektakulärer ist. Doch es kommt noch besser! Nach einem weiteren steilen Aufstieg präsentiert sich uns die Gletscherwelt des Kaukasus in einzigartiger Pracht: gleich drei Gletscher sind hier zu sehen! Der bewusste Adishi-Gletscher, der berühmte Schchara-Gletscher und, in der Mitte, der Tamar-Gletscher, der zusammen mit zweiterem den Enguri speist. Fleißig wird fotografiert, ein paar mittelalte Damen meinen, den spektakulären Anblick noch überbieten zu müssen, indem sie ihre Shirts nach oben reißen, um sich gegenseitig barbusig abzulichten. Einzig ein Franzose ist nicht ganz zufrieden mit dem Anblick (der Landschaft, nicht der Damen). Ein paar Wolken versperren den Blick auf das komplette Szenario. Wahrscheinlich aus diesem Grund verlässt er das Ambiente im Stechschritt. Nicht, dass noch mehr Wolken die Sicht auf weitere Gipfel behindern und am Ende gar nicht mehr fotografiert werden kann! Seine Frau beschreitet die nächsten Kilometer mit uns und so können wir erfahren, dass beide Weinbauern mit eigenem Weingut sind und sich darum auch für die georgische Weinregion Kachetien interessieren. Wir sind indessen froh, dass außer Wolken keine der versprochenen Wetterkapriolen eintritt. Ein wenig nass wird es erst am Ende und nach etlichen Metern steilen Abstiegs. Doch zu diesem Zeitpunkt ist unser drittes Quartier in Lalkhari am Khaldechala-Fluss auch schon fast erreicht. Und im Übrigen hört der angetäuschte Regen schnell wieder auf. Auch im neuen Quartier große Gastfreundschaft, fleißige Köchinnen und große, leckere Auswahl auf dem Tisch. An diesem Abend sitzen um die Tafel: drei Baden Württemberger, zwei Bayern und ein Kanadier. Die Unterhaltung findet (wie auch schon am Abend zuvor) auf Englisch statt, um die nicht Deutsch sprechenden Wanderer nicht auszuschließen. Was wurde heute geschafft? Dies war der längste und anstrengendste Abschnitt: zwanzigeinhalb Kilometer, siebenhundertsiebzig Meter bergauf und eintausendeinhunder Meter wieder hinab. Wir befinden uns nun also wieder unterhalb von Ushguli.
Tag vier ist dafür wieder sehr entspannt! Die letzten neun Kilometer und fünfhundert Höhenmeter zum angepeilten Bergdorf und schon kurz nach dem Start treffen wir wieder auf unsere Australier. Und für eine Weile auch – um das Ganze abzurunden – auf die bekannten Franzosen und das deutsche Mutter-Sohn-Duo. Die Sonne lacht und Jess hat sich ein paar Blasen gelaufen. Die nassgewordenen Schuhe vom ersten Tag sorgten für Ärger. Doch tapfer und gut gelaunt genießt sie mit uns zusammen die schattigen Wälder, die sich öffnenden Ausblicke auf grüne Bergflanken und – großer Jubel! – nach dem Überqueren einer Kuhweide tauchen in einer Talsenke die ersten Wehrtürme Ushgulis auf! Hier sind wir also! Diesen Zieleinlauf begehen wir gemeinsam! In ein völlig einzigartiges Dorf übrigens. Denn die vier winzigen über zwei Kilometer am rauschenden Enguri verteilten Ortsteile bilden zusammen in zweitausendeinhundert Metern Höhe das höchst gelegene, ganzjährig bewohnte Dorf Europas. Jürgen war im Vorfeld ein wenig enttäuscht, denn die und bekannte Rumpelpiste wurde vor zwei Jahren saniert und bietet nun jedem Fahrzeug die Möglichkeit, nach Ushguli hinaufzufahren. Und womöglich Touristenmassen zu transportieren. Aber auch hier: völlig überschaubar. Die vier tapferen australisch-deutschen Wandergesellen satteln also erst einmal im „Old House“ ab. Hier werden Jürgen und ich übernachten, Jess jedoch ist sichtlich froh, ihre Füße ausruhen zu können, bevor es die letzten Meter zum eigenen Quartier hinaufgeht. Drei Polen sitzen bereits im Garten des urigen Steinhauses mit (natürlich!) Turm und sogleich kann ich gemeinsam mit ihnen das bekannte polnische Geburtstagslied „Stolat, stolat“ anstimmen, was immer wieder für Eindruck sorgt. Auch wenn niemand Geburtstag hat. Danke, Ania!
Wie geht´s weiter? Gemütlich! Das Abendessen bildet noch einmal eine Steigerung – sowohl mengenmäßig als auch der Vielfältigkeit wegen. Ein weiteres junges Paar läuft später ebenfalls noch im „Old House“ ein, beide in Mühlacker lebend, sie jedoch ursprünglich aus Polen stammend (heute sind die Polen los!), er wiederum mit vertrautem, schwäbischen Dialekt. Hört man nach vier Monaten unterwegs tatsächlich gerne mal wieder. Beide sind für ein Jahr (oder vielleicht länger) unterwegs und versorgen uns gleich mit guten Tipps und einem Reiseführer (Rückgabe irgendwann in Deutschland) für unsere Rückreise durch die Türkei. Rückreise? Dieses Wort klingt nicht besonders sympathisch! Im ersten Stock des Gästehauses stehen übrigens Buntstifte bereit: auf den Holzwänden dürfen sich Gäste verewigen und kreativ werden. Unter anderem entdecken wir auch die Autogrammkarte einer Biathletin, die hier anscheinend vor zwei Jahren zu Gast war und sich überschwänglich für den schönen Aufenthalt bedankt. „Laura Dahlmeier“ lesen wir. Vor zwei Wochen bei einem Steinschlag im Karakorum-Gebirge in Pakistan tödlich verunglückt. Wir fragen unsere Gastgeber. Ja, sie können sich erinnern. Von dem schrecklichen Unfall hatten sie noch nichts gewusst… Und wie geht´s zurück? Mit Jess und Declan teilen wir uns ein „Taxi“ nach Mestia. Der Fahrer des Wagens ist der Vater des Hauses, der uns sicher über alle Serpentinen hinweg an den Anfang unserer Wanderung bringt. Und hier endet auch die australisch-deutsche Wanderverbindung. Doch – wer weiß – bestimmt gibt es ein Wiedersehen irgendwo auf der Welt! Wie ging es unserer treuen „13“ während unserer Abwesenheit? Bestens, im Gegensatz anscheinend zu dem netten Ehepaar, dem der Campingplatz gehört. Große Erleichterung, als wir durchs Tor hereinkommen. „I´m so glad to see you!“ ruft uns die Frau entgegen. Und auch er erkundigt sich via Gebärdensprache (des Englischen ist er nicht wirklich mächtig) wie lange wir eigentlich weg gewesen wären. Wir sind uns keiner Schuld bewusst. Denn sowohl Jürgen als auch ich hatten jeweils mit beiden am Abend unserer Ankunft und am letzten Morgen ein Gespräch zum Thema, Jürgen sogar mit der Übersetzungs-App. Denn natürlich hätten wir das Auto nicht einfach ungefragt stehenlassen, um uns aus dem Staub zu machen. Kurzer, zackiger Wortwechsel zwischen den beiden. Wahrscheinlich wirft der eine dem anderen vor, irgendein wichtiges Detail nicht weitergegeben zu haben. Vielleicht war´s zu viel der Information? Wie dem auch sei: wir sind wieder hier und alle sind glücklich!
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Ma und pa (Dienstag, 12 August 2025 15:29)
Sooo....schön
Regina (Mittwoch, 13 August 2025 09:25)
Ich bin begeistert was Ihr so alles erlebt. Leila Deine Berichte sind Mega und ich freue mich Euch etwas begleiten zu dürfen. Ich wünsche euch noch ganz viel Spaß, tolle Begegnungen auf Eurer weiteren Reise.